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FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

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WiSo-Forschungsbericht <strong>2004</strong> - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 250<br />

Wenn im Aggregat mehr als 40% der Wertschöpfung in der heute üblichen ökonomi-<br />

schen Leistungsberechnung nicht erfasst ist, können unbezahlte Tätigkeiten für Teile<br />

der Bevölkerung – etwa für Kinder oder sehr alte Menschen – eine noch weitaus<br />

größere Bedeutung besitzen. Beispielsweise ergibt sich die prekäre Lebenslage von<br />

Alleinerziehenden nicht allein durch niedriges Einkommen. Ein Mangel an unterstüt-<br />

zenden, informellen Beziehungsnetzen kann hier in ein Dilemma von unterbezahlter<br />

Beschäftigung einerseits sowie unbezahlter Kindererziehung und Haushaltsführung<br />

andererseits führen.<br />

Die typischen Symptome psychischer Überlastung und Überschuldung sind dann<br />

Folge einer Form von Armut, die nicht ausschließlich monetär bestimmt ist. Für die<br />

Definition von Armut ergibt sich daher die Notwendigkeit einer mehrdimensionalen<br />

Typologie, die im einfachsten Fall folgendermaßen aussieht:<br />

Übersicht 1: Zwei Formen von Armut und ihre Überlappung<br />

Monetär erfasstes<br />

Einkommen und<br />

Vermögen:<br />

oberes Quartil<br />

'reich'<br />

mittlere Quartile<br />

unteres Quartil<br />

'arm'<br />

oberes Quartil:<br />

Überschuss unbezahlter<br />

Arbeit<br />

Wertschöpfung durch unbezahlte Arbeit:<br />

mittlere Quartile:<br />

ungefährer Eigenbedarf<br />

unteres Quartil:<br />

'Hilfsbedürftigkeit'<br />

Der Versuch ausschließlich monetär bestimmte oder allenfalls ressourcenbezogene<br />

'Armut' zu messen ist – wie man sieht – irreführend. Die Verfügbarkeit öffentlicher<br />

Güter und Dienstleistungen sowie die eigene Produktivität und schließlich auch die<br />

Fähigkeit, prinzipiell vorhandene Ressourcen zu verwenden, sind wesentliche Be-<br />

stimmungsgrößen, die bei 'Armut' auch ganz unabhängig von Geldmangel fehlen.<br />

Die zahlreichen begrifflichen Zusätze wie 'Bildungsarmut' oder 'monetäre Armut' sind<br />

dabei noch durch empirische Erforschung der Prozesse, die in die jeweilige Form der<br />

Armut hinein oder auch umgekehrt aus ihr heraus führen, zu ergänzen.

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