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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 111-117<br />
Ursache zukünftiger Weltkriege sein könnte. Deshalb lassen sich auf Dauer die<br />
Rollen zwischen Anbieter und Abnehmer nicht festlegen. Derjenige Anbieter wird auf<br />
Dauer in China erfolgreich sein, der die chinesische Mentalität und damit auch die<br />
Sprache kennt, weil erst der darauf basierende Dialog die Entwicklung von gemeinsamen<br />
Projekten ohne imperialistischen Protektionismus ermöglicht. Man spricht<br />
deshalb auch von Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Das gilt auch für Europa. Erst wenn vor allem die großen Länder Europas Deutschland,<br />
Frankreich und Großbritannien ihre eigenen Wege verlassen und das gemeinsame<br />
Interesse suchen, kann eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik langsam<br />
Gestalt annehmen, können gemeinsame Entwicklungen in Forschung und<br />
Industrie in ganz Europa zur Regel werden. Doch sprachlich hat Europa ein von<br />
vielen als Handicap angesehenes Charakteristikum aufzuweisen: seine<br />
Vielsprachigkeit. Es läge nun nahe, wie die europäischen Institutionen und die<br />
europäische Währung auch die Sprache zu vereinheitlichen. Doch innerhalb von<br />
Europa ist diesem Handicap nicht mit der gemeinsamen Sprache Englisch<br />
beizukommen, obwohl zugegebenermaßen in den meisten Mitgliedsländern immer<br />
noch Englisch erste und damit meist einzige Fremdsprache ist. Vielmehr kann das<br />
europäische Modell der Mehrsprachigkeit, das ja gerade auch den kleinen und somit<br />
schwachen Sprachen ein Recht einräumt, Modell für die Welt sein, wie<br />
unterschiedliche Kulturen miteinander umgehen sollten.<br />
Nach neueren Auffassungen der Wirtschaftsgeographie widerspricht die zunehmende<br />
Bedeutung der neuen Metropolen des Weltmarktes, d.h. der lokal<br />
begrenzten Wirtschaftsräume, in denen sich eine hohe Konzentration von<br />
Finanzaktivitäten und unternehmensorientierter Dienstleistungen zeigt, allen<br />
Globalisierungstheorien des global village, wie sie auch Ignaz Bender vertritt. 4<br />
Entgegen der allgemeinen Auffassung von der Dezentralisierung der Märkte, die mit<br />
der Vormachtstellung des Englischen als Weltsprache einhergeht, konzentriere sich<br />
wirtschaftliche Macht heute mehr denn je in den Metropolen wie New York, Tokyo,<br />
Sydney, London, Paris etc..<br />
Der Wirtschaftsraum, der gleich mehrere dieser Global Cities umfaßt, nämlich<br />
London, Amsterdam, Paris, Frankfurt, Zürich, Mailand, wird wegen seiner Form<br />
inzwischen "Blaue Banane" genannt. Es handelt sich um den dynamischsten europäischen<br />
Wirtschaftsraum. Er erstreckt sich zwischen Südengland, über die<br />
Benelux-Länder, Nordfrankreich, Nordrhein-Westfalen, die Rheinschiene, die<br />
Schweiz bis nach Oberitalien. In diesem Raum sind die Menschen seit jeher von<br />
Grenzen geprägt worden. Heute aber schicken sie sich an, Ländergrenzen zu<br />
überschreiten und Konkurrenzdenken zu überwinden. Sprachliche Defizite<br />
verhindern dies noch allzu häufig: So finden die in der von Arbeitslosigkeit<br />
geplagten deutschen Grenzregion lebenden Arbeitnehmer nur deshalb keine<br />
Anstellung in der prosperierenden, benachbarten niederländischen Wirtschaftsregion<br />
Limburg, weil sie nicht über Niederländisch-Kenntnisse verfügen.<br />
Mentalitätsunterschiede führen zu schmerzlichen Verzögerungen: Die dringend<br />
benötigte Infrastruktur zur Verbindung dieser Metropolen läßt weniger aus<br />
finanziellen, denn aus Verständigungsgründen auf sich warten. Dennoch ist es<br />
höchst unwahrscheinlich, daß die fünf Sprachen, die innerhalb der "Blauen Banane"<br />
gesprochen werden, jemals durch Englisch als einziges Verständigungsmittel<br />
ersetzt werden.<br />
4 Siehe zum Beispiel: Sassen,S. (1996): Metropolen des Weltmarktes. Die neue Rolle der Global<br />
Cities. Frankfurt/M.<br />
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