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REZENSIONEN<br />
Salvatore Attardo: Linguistic Theories of Humor. Berlin/New York:<br />
Mouton, de Gruyter, 1994, 426 S., 188,- DM.<br />
Salvatore Attardos Buch "Linguistic Theories of Humor" repräsentiert zweifellos auf<br />
dem derzeitigen akademischen Buchmarkt eine der umfangreichsten<br />
Auseinandersetzungen mit Humortheorien, die für die Linguistik bedeutsam sind<br />
bzw. gemacht werden können. In meiner Besprechung halte ich mich an eine grobe<br />
Drei-Teilung, die Attardo selbst in seinem Vorwort dem Buch unterlegt: "The<br />
beginning of the book clearly tends towards a survey, the middle towards the<br />
critique, and the end towards original work" (S. xvii).<br />
Schon zu Beginn des Buches stellt die Leserin erfreut fest, daß mit Attardos Werk im<br />
amerikanischen Kontext ein Buch entstanden ist, das deutlich europäische<br />
Forschung zur Kenntnis nimmt (der Autor ist Italiener). Gerade in der heutigen<br />
amerikanischen Linguistik ist dies vom Selbstverständlichen weit entfernt.<br />
Das erste Kapitel ist einer umfangreichen Aufarbeitung der klassischen Literatur<br />
gewidmet, von Platon und Aristoteles über Quintilianus, Cicero und Horaz bis zu<br />
Freud und Bergson. Dabei geht es auch um Ansätze, die selten gewürdigt werden,<br />
z.B. die der italienischen Renaissance. Wir erfahren, daß die in der Linguistik so<br />
populäre Inkongruenz-Theorie des Humoristischen dort bereits ausgearbeitet wurde;<br />
Quintilianus kann als ihr Begründer angesehen werden. Attardo geht sowohl darauf<br />
ein, was die Gelehrten als Essenz (z.B. Inkongruenz) und Mechanismus (z.B.<br />
Übertreibung, Ambiguität oder Überraschung) des Humoristischen definiert haben,<br />
als auch, welche Funktionen ihm zugeschrieben wurden (z.B. Aggressionsablaß<br />
oder Entspannung).<br />
Das zweite, dritte und vierte Kapitel stellen verschiedene strukturalistische Studien<br />
zum Witzaufbau und zur Pointenstruktur dar, so beispielsweise das Isotopenmodell<br />
von Greimas und andere taxonomische Herangehensweisen. Diese Studien liegen<br />
klar im Bereich der Inkongruenztheorien des Humoristischen. Mit unterschiedlichem<br />
Vokabular bringen sie zum Ausdruck, daß im Humor ein aufgebauter Rahmen so<br />
gebrochen wird, daá von den Hörern ein zweiter, unerwarteter Sinn erschlossen<br />
werden kann und muß.<br />
Auch das fünfte Kapitel über semiotische Theorien und Texttheorien dient noch der<br />
Literaturaufarbeitung. Hier finden wir Koestlers Theorie der Bisoziation dargestellt,<br />
S. J. Schmidts und Ecos pragmatische Komik-Theorien, Fonagys psychopragmatische<br />
Herangehensweise und Norricks frame-Ansatz. Allen wirft Attardo vor, daß sie<br />
nicht an die formale Definition des Script-Ansatzes von Victor Raskin heranreichen,<br />
den er selbst favorisiert. Keiner der genannten Autoren stelle eine Liste von Script-<br />
Oppositionen auf, wie Raskin es tue (S. 178). Keiner liefere ein formales Modell des<br />
Humors (S. 190). Hier wird sehr deutlich, worum es Attardo geht: um die<br />
Formalisierbarkeit von Humor. Es sei aber hier schon gesagt, daá diese Theorien<br />
bereits die wesentlichen Elemente dessen enthalten, was von Raskins Script-Modell<br />
übrig bleibt, wenn sich der formale Anspruch als unhaltbar erweist (was er meiner<br />
Meinung nach tut).<br />
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