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impressum - KOPS - Universität Konstanz

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Im zehnten Kapitel geht es dann um Humor im Kontext. Arbeiten der<br />

Konversationsanalyse werden referiert: z.B. Sacks' Analysen des Erzählens eines<br />

schmutzigen Witzes, Jeffersons Arbeiten zum Lachen in Gesprächen, Drews<br />

Studien zum "teasing" und Tannen's Analysen von Scherzformen während eines<br />

Essens unter guten Bekannten. Anhand von Tannens Untersuchung kommt Attardo<br />

auf den Register-Humor zurück. Er zitiert auf S. 317 eine Passage aus Tannens<br />

Buch "Conversational style":<br />

"In his role as host, Steve is frequently in the position of giving orders to people and<br />

offering them food. He frequently mocks his own behavior in this role by affecting a<br />

stereotypical Jewish speech pattern. For example, when someone offers to help him,<br />

he replies, 'You should sit and relax dahlink!' His use of the modal 'should'<br />

exaggerated intonation, and stylized voice quality and pronounciation are all<br />

patterned on the speech of Steve's grandmother, who immigrated to the United<br />

States from Poland. thus, he is mocking his own impulse to pattern his hosting<br />

behavior on her model." (Tannen 1984: 132-133).<br />

Attardo schreibt, daß die Studien, die im Rahmen der Konversationsanalyse<br />

angestellt worden sind, für die Humorforschung sehr fruchtbar seien, zeigten sie<br />

doch die prinzipielle Reichweite des Humoristischen. Er dringt sogar zu der Frage<br />

vor: How Bona-Fide is Bona-Fide? (S. 318) Die Erkenntnis (stark befördert durch die<br />

Arbeiten von Jefferson und Mulkay), daß man mittels Einfügung von Lachpartikeln in<br />

beliebige Äußerungen beinahe jede Bedeutung zwischen Spaß und Ernst<br />

changieren lassen kann, bringt ihn leider nicht dazu, den Unterschied zwischen<br />

Bona-Fide-Kommunikation und Non-Bona-Fide-Kommunikation fallen zu lassen<br />

zugunsten einer gesprächsanalytischen Behandlung des Problems, wie<br />

Sprecher/innen tatsächlich zusammen den Wahrheits- oder Spielwert von<br />

Äußerungen aushandeln. Das Herunterspielen von Verantwortung für die eigene<br />

Äußerung ist tatsächlich zentral im Humor. Durch zitathafte Theatralisierung der<br />

Rede kann man entfernte Kontexte mit evozieren, welche den aktuellen Kontext<br />

entfremden und dadurch komisieren. Sicher überlappen sich dabei Scripts oder<br />

spielen zumindest aufeinander an, aber sie stehen nicht in einer formalisierbaren<br />

Opposition zueinander. Attardo stellt sich hier nicht mehr die Frage, ob nicht die viel<br />

beschworene "conceptual clarity" verlorengeht, wenn man sich konsequent auf das<br />

Studium von allen Arten der Scherzkommunikation im Alltag einläßt.<br />

Attardo entwickelt in seinem Buch eine textintrinsische Theorie des Humoristischen.<br />

Er diskutiert Beispiele, deren Witzpotential sich auf der Textebene erschöpft. Unter<br />

den Gattungen der Scherzrede leisten Witze dies am ehesten. Er hält den Witz nicht<br />

von ungefähr für den Prototypen des Humoristischen. Meine eigenen<br />

Interaktionsanalysen bestätigen dies nicht; andere Gattungen und Aktivitätstypen<br />

wie gemeinsame Phantasiekonstruktionen, Aufwertungen von Banalem und<br />

Nichtigem, witzige Ironie und Sarkasmus, Neckereien, Frotzeleien, Veräppelungen,<br />

Anekdoten und vieles mehr spielen im Alltag eine bedeutsamere Rolle.<br />

Standardisierte Witze sind nur die am stärksten dekontextualisierte Gattung des<br />

Humoristischen. Sie sind vielleicht der Prototyp des schriftlichen Humors.<br />

Für viele mündliche Scherzaktivitäten des Alltags fehlen metasprachliche Begriffe,<br />

mit welchen man pointiert auf sie referieren könnte. Solche Aktivitäten, wie z.B.<br />

Spiele mit dem Ernstnehmen von Trivialem oder witzige Fiktionalisierungen sind in<br />

der Alltagssprache nicht knapp etikettierbar. Im weitesten Sinne lassen sie sich als<br />

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