impressum - KOPS - Universität Konstanz
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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
Beispiel 25: Kindersprache 153 (Maria 10/83) (vgl. Beispiel 1)<br />
111 h war das e häusje? + die latern was hatten die für form gehat?<br />
112 m eh + mein das war so: rund + rund ne? + und unne hann +<br />
unten<br />
113 h hm<br />
best.<br />
114 m eh was hamma do noch druff xxx? hm ++ hamma no:ch + (...)<br />
haben wir drauf unverst.<br />
Maria (m) erläutert, wie sie eine Laterne für den Martinsumzug gebastelt hat. Von<br />
Heidi (h) wird sie aufgefordert, die Form der Laterne zu beschreiben. Nach zwei<br />
Planungspausen gibt Maria einen ersten Hinweis, bricht dann aber die Äußerung ab.<br />
Die Formulierungsflaute, die sich hier offenbart, mündet nicht in einen Neuansatz<br />
ein, da Maria mehr Überlegenszeit benötigt. Zeitgewinn und Planungsressourcen<br />
verschafft sie sich wiederum durch die an sich selbst gerichtete Frage<br />
"was hamma do noch druff xxx?",<br />
die nach zwei weiteren Planungspausen fragmentarisch wiederholt wird. Die Frage<br />
entlastet nicht nur Maria als Sprecherin, sondern läßt auch die Hörerin erschließen,<br />
daß die Laternenbeschreibung mit der abgebrochenen Äußerung nicht zu Ende<br />
geht, sondern daß Maria nach einem geeigneten Weg sucht, die Form angemessen<br />
zu beschreiben (vgl. zum Fortgang Beispiel 1).<br />
Die Technik, kritische Stellen dadurch zu überbrücken, daß der Sprecher an sich<br />
selbst gerichtete, die fehlenden Elemente thematisierende Fragen stellt, die zum<br />
einen der Verzögerung dienen und zum anderen die inhaltliche Richtung der in<br />
Planung befindlichen Äußerungen erkennen lassen, gründet sich wiederum auf<br />
verfestigte Formen: Die Fragen sind gesprächsspezifischen Formeln des Typs<br />
"wie/was war das noch?" oder "wie heißt das noch?" nachempfunden und als feste<br />
syntaktische Muster mit variabel zu besetzenden Leerstellen zu verstehen:<br />
"(Fragewort) sind/haben wir noch (Partizip II)?".<br />
3.4. Zwischenbilanz<br />
Um sich über Formulierungen klar zu werden und kritische Formulierungsstellen im<br />
zu beginnenden oder laufenden Sprecherbeitrag zu bewältigen, stehen verschiedene<br />
Strategien zur Verfügung, die oft miteinander kombiniert werden. Die Reproduktion<br />
gespeicherter Formeln spielt dabei eine besondere Rolle, denn sie ermöglicht<br />
es, weiterzusprechen, ohne inhaltlich etwas zu sagen: Der Sprecher entlastet<br />
den Formulierungsprozeß und gewinnt Spielraum für die Sprechplanung, bleibt aber<br />
im Besitz der Sprecherrolle; zwar treten an den entsprechenden Stellen, wie die<br />
Beispielanalysen gezeigt haben, auch gehäuft stille und gefüllte Pausen,<br />
Wiederholungen, Wortabbrüche, Anakoluthe und Neuansätze auf, doch Formeln<br />
sind für die gleichzeitige Durchführung von Planung und Formulierung beim<br />
Sprechen prädestiniert. Zur Bewältigung von Formulierungsflauten können drei<br />
Entlastungsstrategien unterschieden werden, an denen Formeln beteiligt sind:<br />
- die Verzögerungsstrategie: Der Sprecher versucht, sich durch prosodische<br />
und/oder lexikalische Verzögerungsmittel mehr Planungszeit zu verschaffen, um