impressum - KOPS - Universität Konstanz
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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
Maria (m) kann sich im Rahmen der Schilderung von Ausflugszielen nicht mehr an<br />
den Namen eines Berges erinnern. Mehreren gesprächsspezifischen Formeln, mit<br />
denen die Erinnerungslücke thematisiert und zugleich zu überbrücken beabsichtigt<br />
wird, und Unterstützungsaktivitäten der Hörer folgt eine Äußerung, in der die Lücke<br />
erneut explizit gemacht wird und in der Ansätze einer Umschreibung erkennbar sind:<br />
029 m nä mir fehlt der name ganz voll stän sinn + un da druff mußte<br />
Steine drauf<br />
030 ma gehn +<br />
Die Umschreibung trägt nicht zur Klärung bei, so daß Heidi (h) und Maria schließlich<br />
aufgeben:<br />
031 h weiß ich nit ++<br />
032 m wo issen eh ich komm jetzt nit uff de name<br />
ist denn auf<br />
Das Beispiel stützt die Annahme, daß die Kinder Erinnerungs-/Gedächtnis- oder<br />
Wissenslücken mit den gleichen Mitteln bewältigen wie aufgrund lexikalischer<br />
Lücken auftretende Formulierungsflauten.<br />
3. Gesprächsspezifische Formeln als lexikalische Überbrückungsmittel<br />
3.1. Memorieren vs. Konstruieren<br />
Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen und Beispielanalysen ist die Annahme,<br />
daß im (Erst- und Zweit-) Spracherwerb nicht nur einzelne Wörter gespeichert<br />
werden, sondern auch ganze Syntagmen. Dafür sprechen Befunde aus der<br />
Spracherwerbsforschung auf der einen und aus der Phraseologieforschung auf der<br />
anderen Seite: 10 In natürlichen Interaktionen in der Zweitsprache, also unter natürlichen<br />
Lernbedingungen, lassen sich komplexe Ausdruckseinheiten nachweisen,<br />
"die 'eigentlich' nach dem sonstigen Sprachstand nicht vorkommen dürften. Ein<br />
Lerner kann nämlich in einem ganzheitlichen Versatzstück durchaus schwierige<br />
Wörter und (isoliert gesehen) komplexe grammatische Phänomene verwenden, die<br />
er ansonsten nicht beherrscht (virtuelle Kompetenz)" (Müller 1991: 168). Deshalb ist<br />
der Spracherwerb nicht ausschließlich als Fortschreiten von einfachen zu komplexen<br />
Strukturen zu verstehen, sondern das Memorieren muß als Grundlage für das<br />
Konstruieren modelliert werden; Müller (1991), der von "unvergeßlichen Sätzen"<br />
(159) spricht, nimmt ein "memorierendes Sprachwissen" an, das "[...] als generalisierte<br />
Erinnerung als Formulierungshintergrund zur Verfügung steht" (160). Aus<br />
gedächtnispsychologischer Sicht gilt, daß vorgefertigte Syntagmen "nicht jeweils<br />
10 Aufgeworfen ist damit auch die Frage nach der Relevanz gedächtnispsychologischer<br />
Erkenntnisse für den Fremdsprachenunterricht. Vgl. dazu den thematischen Teil im Jahrbuch<br />
Deutsch als Fremdsprache 17 (1991), aber auch schon z. B. List (1982a) und Zimmer (1988).<br />
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