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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
durch Zusammenfügen der Konstituenten als minimalen Sprachzeichen produziert<br />
werden, sondern im Bewußtsein des Sprechers als fertige und integrale Entitäten<br />
des Lexikons bereitstehen" (Hessky 1992: 83); kurz: sie werden verwendet wie<br />
Lexeme. Im Gegensatz zu Lexemen aber nehmen Sprachteilhaber mehrgliedrige<br />
feste Einheiten nicht "als synthetische Ausdrucksform, sondern als ein auf der<br />
formalen Ebene gegliedertes, dennoch integrales Sprachzeichen mit einer ganzheitlichen<br />
(integrierten) Bedeutung wahr" (ebd.). Zwar ist die von Hessky gegebene<br />
Beschreibung allein auf phraseologische Einheiten gemünzt, sie gilt aber in analoger<br />
Weise auch für andere Formen formelhaften Sprachgebrauchs wie Routineformeln,<br />
Gemeinplätze usw., wenn man die ganzheitliche Bedeutung nicht eng als<br />
semantische Besonderheit versteht, sondern weiter faßt im Sinne von Funktion, die<br />
ein feststehender Ausdruck in einem kommunikativen Zusammenhang übernehmen<br />
kann. Ist es bei Phraseologismen die ganzheitliche Bedeutung, "die [...] eine PE [=<br />
phraseologische Einheit] 'wie ein Lexem' erscheinen läßt und morphosyntaktische<br />
Blockierungen [...] motiviert" (Hessky 1992: 83), so ist es bei Routineausdrücken der<br />
wiederholte Gebrauch bzw. die Festigkeit im Gebrauch, die einen Wiedererkennungseffekt<br />
auslöst und dem Ausdruck lexemartigen Status verleiht.<br />
3.2. Reproduzieren als Textproduktionsstrategie<br />
Vor dem skizzierten Hintergrund sind die Antworten zu sehen auf die Frage, wie<br />
Sprecher die Flüssigkeit ihrer Textproduktion sicherstellen (vgl. zur Flüssigkeit in der<br />
Zweitsprache Rehbein 1987 und Sajavaara 1987). Schon in den 70er Jahren ist für<br />
den Erst- wie für den Zweitspracherwerb auf die Routinisierung syntaktischer<br />
Strukturen aufmerksam gemacht worden (vgl. Hakuta 1974 und Krashen/Scarcella<br />
1978). 11 Auch die Arbeit von Pawley/Syder (1983) gehört in diesen Zusammenhang.<br />
Ihre These, daß flüssiges Sprechen beruht "to a considerable extent on knowledge<br />
of a body of 'sentence stems' which are 'institutionalized' or 'lexicalized'" (191), ist<br />
insofern von Bedeutung, als sie die in der Phraseologieforschung als "Festigkeit"<br />
und als "Reproduzierbarkeit" diskutierten Eigenschaften vorgefertigter sprachlicher<br />
Einheiten zum Dreh- und Angelpunkt für die Äußerungsproduktion werden lassen:<br />
Verfügt ein Sprecher über ein Inventar fester Ausdruckseinheiten, kann er sich einen<br />
Vorteil für die Sprachproduktion und die Informationsverarbeitungskapazität verschaffen;<br />
denn "[...] he minimizes the amount of clause-internal encoding work to be<br />
11 Nur am Rande sei darauf hingewiesen, daß an der Auffassung, daß im frühen<br />
Zweitspracherwerb auf den Einsatz von (syntaktischen) Formeln und Rahmenkonstruktionen als<br />
Sprachlernstrategie gesetzt wird, auch Zweifel angemeldet wurden: Bohn (1986) vermutet, "that<br />
this assumed strategy is an artifact of the data collection procedure" (185). Seine Daten<br />
sprechen dafür, "that learners very rarely rely on formulaic speech in a truly naturalistic<br />
environment" (ebd.). - Was sich hinter der scheinbaren Kontroverse versteckt, ist das nach wie<br />
vor ungelöste Problem, wie (anhand welcher linguistischen Kriterien) Formeln zuverlässig<br />
identifiziert werden können (vgl. dazu auch Raupach 1984: 116ff. und Reuter 1985: 169ff.), um<br />
die sprachliche Intuition des Linguisten zu umgehen.