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impressum - KOPS - Universität Konstanz

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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />

Stein 1995: 26ff.). Ihre Verwendung an Stellen, an denen der Formulierungsprozeß<br />

ins Stocken gerät, weist gegenüber anderen Überbrückungsmitteln den redeorganisatorischen<br />

Vorteil auf, daß der Redefluß nicht abreißt oder stagniert und somit die<br />

Sprecherrolle nicht abgesichert werden muß. Es sind insbesondere zwei Eigenschaften<br />

formelhafter Ausdrücke, die hier zum Tragen kommen:<br />

a) Sie sind metasprachlicher Natur: Der Sprecher verläßt mit ihnen die propositionale<br />

Ebene und gibt dem Hörer einen metasprachlichen Hinweis darauf,<br />

daß sich die Äußerungsproduktion vorübergehend im Zustand einer Flaute<br />

befindet. 13<br />

b) Sie sind phraseologischer Natur: Der Sprecher muß formelhafte Ausdrücke nicht<br />

nach den Regeln der Grammatik produzieren, sondern er reproduziert sie als<br />

komplexe Einheiten.<br />

Indem der Sprecher Formeln gleichsam automatisiert an den entsprechenden<br />

Textstellen abruft und in den Redefluß integriert, setzt er - wie mit stillen und<br />

gefüllten Pausen - kognitive Ressourcen frei, d. h. er gewinnt Planungskapazität für<br />

den weiteren Sprecherbeitrag und verschafft sich Planungszeit. Von der Freisetzung<br />

kognitiver Ressourcen, die darauf beruht, daß die Reproduktion von Formeln keine<br />

Formulierungsleistung darstellt, profitiert der Sprecher für die weitere Äußerungsproduktion,<br />

d. h. die Konstruktion weiterer propositionaler Äußerungsteile. Daß und<br />

wie mit gesprächsspezifischen Formeln die Sprechplanung entlastet und der<br />

störungsanfällige freie Formulierungsprozeß erleichtert werden kann, habe ich für<br />

(erwachsene) Muttersprachler an authentischen Textbeispielen beschrieben (vgl.<br />

Stein 1995: 260ff.). Die folgenden Textanalysen sollen zeigen, daß L2-Lerner in<br />

ähnlicher Weise von formelhaftem Sprachmaterial profitieren, um Formulierungsflauten<br />

zu überwinden und eine flüssige Äußerungsproduktion zu erbringen.<br />

3.3. Entlastungsstrategien beim Einsatz gesprächsspezifischer Formeln<br />

3.3.1. Verzögerung durch Formeln<br />

Beispiel 10: Kindersprache 154 (Maria 10/83)<br />

123 m eh das war noch eh + oh was waren das noch? + käseschachtel<br />

war denn<br />

Maria (m) beschreibt, wie sie eine Laterne für einen Martinsumzug gebastelt hat.<br />

Das Erinnern der Bastelmaterialien nimmt im zitierten Ausschnitt offenbar so viel<br />

kognitive Aktivität in Anspruch, daß die Sprachproduktion darunter leidet: Es entsteht<br />

an der entsprechenden Stelle eine Lücke, die durch mehrere Verzögerungsmittel<br />

gefüllt wird, bis Maria den Ausdruck "käseschachtel" artikulieren kann. Die<br />

Zeit, die zum Überlegen erforderlich ist, verschafft sich Maria durch<br />

13 Als nicht-propositionale Äußerungsteile kann man sie gleichzeitig in vielen Fällen als<br />

lexikalische Gliederungssignale verstehen, die der Segmentation der Äußerungskette dienen.

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