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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
dialektale Ausdrucksmuster, die dialektale Lautform, für das standardsprachliche<br />
"Rabe", nämlich "Raab" mit der Pluralform "Raawe" (vgl. Braun/Mangold 1984: 197),<br />
ist Maria nur noch in Teilen präsent; "gra:we" scheint Ergebnis des Versuchs zu<br />
sein, das gesuchte Wort lautlich nachzubilden. Die eigene Reaktion<br />
"e wie heische? +"<br />
markiert den Ausstieg aus der Erzählung und verrät, daß Maria mit ihrem<br />
Bezeichnungsversuch nicht einverstanden ist: Die Verbindung aus gefüllter Pause<br />
und der verkürzten Formel "wie heische [die noch]?" zur Explikation des<br />
Formulierungsproblems macht die Formulierungsflaute deutlich und dient mit der<br />
anschließenden kurzen stillen Pause dazu, sich Planungszeit zu verschaffen. Daß<br />
implizit im formelhaften Entlastungsmittel eine Hilfsaufforderung an die Hörer<br />
gerichtet ist, bestätigt Gaetanos (g) in die Pause artikuliertes Hörersignal "hm?": Als<br />
aufmerksamer und kooperativer Zuhörer möchte Gaetano seiner Schwester auf die<br />
Sprünge helfen, mit dem fragenden Hörersignal gibt er jedoch den Ball zurück, da<br />
die verfügbare Information nicht ausreicht, einen Vorschlag zu unterbreiten. Mit der<br />
Äußerung<br />
"die das wo mir hann? hm"<br />
liefert Maria eine erste, allerdings semantisch äußerst vage Umschreibung; die<br />
Schwierigkeiten beim Versuch zu umschreiben, was Maria bezeichnen möchte,<br />
schlagen sich unmittelbar nieder in Form des Anakoluths und der gefüllten<br />
Planungspause. 18 Gaetano kann die Information, die auch aufgrund der Frageintonation<br />
einen hohen Unsicherheitsgrad besitzt, nicht für die Verständnisbildung<br />
verwerten, zunächst jedenfalls nicht. Zwar läßt er Maria mit der wiederholten Frage<br />
"wasn? wasn? hm ++"<br />
wissen, daß die Umschreibung zu ungenau ausgefallen ist, er fühlt sich aber<br />
offensichtlich erneut verpflichtet, Maria zu unterstützen. Auch daran, daß Maria die<br />
Sprecherrolle vorübergehend abgibt, wird deutlich, daß sie "auf die Schnelle" keine<br />
Konkretisierungsmöglichkeit sieht und auf einen Hörer-Vorschlag wartet. Nach den<br />
beiden Planungspausen wird Gaetano dieser Erwartung gerecht und bietet mit<br />
"ko:b odder so"<br />
eine Lösung an, die er seinerseits mit der nachgestellten Formel "odder so" als<br />
unsicher markiert. Zum einen löst er damit den an die Hörer gerichteten Anspruch<br />
ein, zum anderen zeigt er, daß er eine Hypothese über den gesuchten Ausdruck<br />
aufgebaut hat. Nicht zu entscheiden ist, ob Gaetano dies auf der Grundlage eigener<br />
Kenntnis des Märchens gelingt oder auf der Grundlage der bisherigen Sprecherinformationen.<br />
Jedenfalls ist Gaetano mit seiner Vermutung (dem dialektalen<br />
Ausdruck "Koob" für Krähe, vgl. Braun/Mangold 1984: 161) auf der richtigen Fährte,<br />
obwohl Maria mit der kurzen Äußerung<br />
"e e"<br />
den Vorschlag als unzutreffend zurückweist (Braun/Mangold 1984: 93: "e-e nein"),<br />
ohne daß sie - trotz der längeren Planungszeit, die ihr zur Verfügung stand - einen<br />
neuen eigenen Anlauf machen kann. Gaetanos Reaktion<br />
"was issn xxx?",<br />
die seiner vorherigen Frage sehr ähnelt, obwohl sie teilweise unverständlich ist,<br />
unterstreicht erneut, daß Maria selbst noch mehr Informationen liefern muß, wenn<br />
die Lücke gemeinsam gefüllt werden soll. Dieser Verpflichtung kann Maria endlich<br />
nachkommen:<br />
"zwei w wie feschele wie heißts? wie feschele".<br />
18 Der Anschluß mit "wo" kann als dialektale Variante der standardsprachlichen Konstruktion<br />
gewertet werden, nach der Relativsätze nach Bezugswörtern wie "das", "dasselbe", "alles" usw.<br />
mit "was" eingeleitet werden (vgl. Duden Grammatik 1995: 736): "das, was wir haben" - "das wo<br />
mir hann". Der "wo"-Anschluß ist nicht Folge der Formulierungsprobleme.<br />
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