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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
Beispiel 22: Kindersprache 112 (Hasan 5/84)<br />
056 h wie heißt ehm ehm ehm wie heißen die noch auto eh<br />
057 l autoscooter?<br />
058 h ja da war ich gut<br />
Beispiel 23: Kindersprache 102 (Hasan 12/83)<br />
023 h was hat der mädchen dem eh mädchen türkin hat gesagt der kommt de<br />
024 de der is so dümm kommt er in + wie heißt das noch? krankenhaus<br />
dumm<br />
025 oder was? +<br />
Sowohl Maria (m) als auch Hasan (h) (in Beispiel 22) kann den gesuchten Ausdruck<br />
nach Inanspruchnahme von Verzögerungsmitteln in Teilen realisieren. Mit "raum"<br />
und "auto" werden Wortbestandteile artikuliert, die Komponenten von Wortbildungen<br />
sind ("Raumwart" und "Autoscooter"). Beide Sprecher haben die vollständigen<br />
Formen aber nicht parat, es scheint sich um Ausdrucksprobleme zu handeln, die<br />
selbständig, etwa durch weitere Planungszeit, nicht zu bewältigen sind. Unmittelbar<br />
nach bzw. vor den Wortabbrüchen werden diese Ausdrucksprobleme expliziert<br />
durch die fragende Formel "wie heischts/heißen die noch?". Mit den gesprächsspezifischen<br />
Formeln räumen beide Sprecher eine Lücke ein und ziehen sich dann<br />
auf verschiedene Weise aus der Affäre: Mit einer neuen Äußerung gibt Maria eine<br />
Umschreibung der gemeinten Aufgabe in der Schule und sichert damit, ohne daß<br />
der intendierte Ausdruck im Gespräch fällt, das Verständnis. Hasan dagegen<br />
profitiert von der in der Explikation implizit enthaltenen Aufforderung an den Hörer,<br />
Formulierungshilfe zu leisten: Das Thema "Kirmeserlebnisse" ermöglicht es Helga<br />
(l), ihrem Gesprächspartner auf die Sprünge zu helfen; die Frageintonation macht<br />
deutlich, daß die Hörerin ihre Vermutung dem Sprecher gleichsam als Angebot<br />
unterbreitet.<br />
Beide Beispiele zeigen, daß sich die Hörer an Stellen, an denen der Sprecher eine<br />
Formulierungsflaute explizit macht, aufgefordert fühlen und bereit zeigen, sich<br />
einzuschalten und dem Sprecher bei der Schließung der Lücke behilflich zu sein.<br />
Darauf setzt Hasan (h) auch in Beispiel 23. Wie aus dem weiteren Verlauf<br />
hervorgeht, will er sagen, daß seine Lehrerin einer türkischen Mitschülerin den<br />
Besuch einer Sonderschule empfohlen hat. Hemmend auf das Verständnis wirken<br />
sich zum einen Hasans grammatische Fehler aus (z. B. die Behandlung von<br />
"mädchen" als maskulines Substantiv, weshalb sich die Proformen "der" und "er"<br />
anaphorisch auf "mädchen" beziehen, oder das Auslassen von Konjunktionen ["der<br />
is so dümm [daß] er in ... kommt"]), zum anderen die verwirrende Textorganisation:<br />
Der Hörer hat zu erschließen, daß "türkin" eine zusätzliche Information über<br />
"mädchen" darstellt und daß die gesamte Konstruktion einer Nominativergänzung<br />
bedarf ("dem eh mädchen türkin hat [unsere lehrerin] gesagt"). Hinzu kommt, daß<br />
sich an der entscheidenden Stelle eine Formulierungsflaute einstellt; Hasan<br />
verschafft sich zunächst mit der kurzen stillen Pause und mit der Formel "wie heißt<br />
das noch?" Planungszeit und expliziert damit gleichzeitig sein Ausdrucksproblem.<br />
Die gewonnene Planungszeit reicht aus, ein Lexem zu aktivieren, das zwar -<br />
großzügig interpretiert - aus dem relevanten semantischen Feld stammt, sich aber<br />
als unpassend erweist. Syntaktisch bringt Hasan seine Äußerung damit zwar zum<br />
Abschluß, semantisch ist aber eine Korrektur erforderlich. Daß "krankenhaus" nicht<br />
das gesuchte Wort ist, ist Hasan bewußt, denn er macht, ohne zu zögern, von der<br />
Markierungsstrategie Gebrauch: "oder was?" kennzeichnet das in die Äußerung<br />
eingepaßte Wort "krankenhaus" als unzutreffend und verstärkt die in der