impressum - KOPS - Universität Konstanz
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Weiteren Aufschluß bringt<br />
BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
Beispiel 18: Kindersprache 201 (Domenico 12/82a)<br />
140 s (...) das war so e frau sie heißt<br />
141 b hm<br />
best.<br />
142 s auch s anna<br />
Silvia (s) kann die von Berthold (b) gewünschte Information, wer ihr geholfen hat,<br />
"das s deutsche zu lernen für die straße für draußen" (Kindersprache 200, ZB 130f.),<br />
nur in sehr vager Form liefern: Allein das natürliche Geschlecht und indirekt das<br />
Alter kann Silvia angeben; daß sie auch den Namen der fraglichen Person parat hat,<br />
trägt zum Sachverhalt selbst nichts bei, da es sich nicht um eine relevante<br />
Information handelt. Bertholds eigentlicher Intention, etwas über die Qualifikation der<br />
betreffenden Person zu erfahren, wird Silvia mit der Angabe "so e frau" nicht<br />
gerecht. Geht man davon aus, daß sie Bertholds Anliegen verstanden hat - dafür<br />
spricht, daß sie alle ihr verfügbaren Informationen, so auch den Namen, anzugeben<br />
bereit und bemüht ist -, läßt sich in der Konstruktion "so e frau" eine gezielte<br />
Entlastungsstrategie erkennen: Silvia ist sich im klaren darüber, daß eine Information<br />
von ihr gewünscht wird, über die sie nicht verfügt. Als Ausweg bleibt ihr nur,<br />
entweder metasprachlich die Wissenslücke einzuräumen (z. B. "das weiß ich nicht<br />
(mehr)") und damit möglicherweise Nachfragen auszulösen ("aber du mußt doch<br />
wissen ...") oder eine solche Ausdrucksform zu wählen, die implizit die Mitteilung<br />
enthält, daß die gewünschte Information eigentlich nicht gegeben werden kann, die<br />
aber dennoch als Antwort bzw. Antwortversuch zu akzeptieren ist. Dazu bietet sich<br />
eine Konstruktion an, die so unbestimmt bleibt, daß nichts Falsches mitgeteilt wird,<br />
und die gleichzeitig den Hörer von weiteren Informationswünschen abhalten soll.<br />
Genau diesen Zweck erfüllt "so e frau", mit der Silvia auf ein im Hinblick auf die<br />
gewünschte Information nicht weiter spezifizierbares Exemplar der Kategorie<br />
"erwachsene weibliche Person" verweist. Die nicht-authentische Konstruktion "das<br />
war e[ine] Frau" bürge zwar ebenfalls die inhaltliche Unbestimmtheit, aber sie<br />
erweckte den Eindruck, als ob auf Nachfragen weitere Details in Erfahrung gebracht<br />
werden könnten.<br />
Auch andere Beispiele (Kindersprache 111, ZB 024: "ja wemma gradaus geht dann<br />
is da so berg", Kindersprache 119, ZB 067f.: "do is doch immer so eise so<br />
viereckische + an de lamp damits nit kabutt geht", Kindersprache 126, ZB 030f.: "bis<br />
ganz owwe hat das so e minirock angehat ne?") belegen,<br />
- daß es sich bei "so ein" mit unbetontem "so" um eine Ausdrucksroutine handelt,<br />
die semantische Unbestimmtheit beinhaltet,<br />
- und daß das Anzeigen semantischer Unbestimmtheit als Entlastungsstrategie zu<br />
verstehen ist, an Stellen, an denen der Formulierungsvorgang ansonsten ins<br />
Stocken geraten würde.<br />
Die L2-Sprecher nehmen an den betreffenden Stellen semantische Unbestimmtheit<br />
in Kauf zugunsten des Fortschreitens des Formulierungsvorganges: Kritische<br />
Formulierungsstellen werden gemeistert, wenn "so ein" dazu genutzt wird, sich vom<br />
Gesagten zu distanzieren ("so e minirock") oder die Unschärfe des folgenden<br />
Lexems ("so e eise", "so berg") anzuzeigen. Damit übernimmt "so ein" Funktionen,<br />
die typisch sind für die Unschärfeindikatoren, die die Vagheit der Lexeme, auf die<br />
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