impressum - KOPS - Universität Konstanz
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BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENVERMITTLUNG 31 (1997), 33-77<br />
gibt sie zu erkennen, daß sie nicht nur den passenden Ausdruck selbst nicht parat<br />
hat, sondern auch, daß sie die Unangemessenheit des Ausdrucks "lampe" begreift;<br />
Fatma hält sich fortan aus der Klärungssequenz heraus. Daß Aynur erst jetzt der<br />
Problematik ihrer Wortwahl gewahr wird (die in etymologischer Hinsicht so problematisch<br />
nicht ist [vgl. die Lemmata "Ampel" und "Lampe" bei Pfeifer 1995: 35 und<br />
762]), verrät die Äußerung<br />
"o leck! ich wä:ß nimme: wie das heißt".<br />
Dem Überraschtheit signalisierenden dialektalen "o leck" 7 folgt das metasprachliche<br />
Eingeständnis, daß Aynur einen falschen Ausdruck verwendet hat und den richtigen<br />
nicht aktivieren kann. Erst hier wird der Sprecherin bewußt, daß sie schon etliche<br />
Äußerungen zuvor ein Formulierungsproblem hatte, auf das sie nur durch Stefans<br />
Rückfragen gestoßen ist. Da Aynur selbst die Lösung nicht liefern kann, kommt ihr<br />
Stefan nun zur Hilfe und bringt den gesuchten Ausdruck ein:<br />
"heißt doch ampel".<br />
Gleichsam als Rechtfertigung wiederholt Aynur metasprachlich, daß ihr das gesuchte<br />
Wort nicht einfallen wollte. Die Simultanstelle in ZB 100f. macht deutlich, wie<br />
unterschiedlich die zurückliegenden Züge beurteilt werden: Stefan unterstreicht<br />
durch die vollständige Form "verkehrsampel" sein "pädagogisches" Anliegen, stets<br />
um Ausdruckspräzision bemüht zu sein - Aynur dagegen möchte ohne weiteren<br />
Kommentar ihre Wegbeschreibung fortsetzen, muß aber auf die Unterbrechung<br />
reagieren.<br />
"jo das wollt ich sa:n"<br />
ist als Abschluß der Klärungssequenz zu verstehen und gleichzeitig als nochmaliges<br />
Eingeständnis eines Formulierungsproblems. Damit ist der Weg frei zurück zur<br />
Wegbeschreibung, für die die letzte Äußerung "warte bis es grün ist" (ZB 083f.) fast<br />
wörtlich wiederaufgenommen wird: "do geht wart ma bis grün is".<br />
Das Beispiel läßt eine Lösungsstrategie für Formulierungsprobleme erkennen, von<br />
der die Probanden des öfteren Gebrauch machen: Eine fehlende Ausdrucksmöglichkeit<br />
wird ersetzt durch ein scheinbar passendes, semantisch verwandtes<br />
Lexem, das aus dem Kontext heraus ein Verstehen ermöglicht. Die Schritte, in<br />
denen im Beispiel der Hörer einen Ausdruck beanstandet und auf ein Formulierungsproblem<br />
aufmerksam macht und in denen schließlich eine Lösung gefunden<br />
wird, sind:<br />
- das Festhalten am vermeintlich richtigen Ausdruck (ZB 087)<br />
- die Präzisierung des vermeintlich richtigen Ausdrucks (ZB 089)<br />
- das metasprachliche Eingeständnis, daß der passende Ausdruck fehlt (ZB 091)<br />
- die Lösung durch den Hörer (ZB 092).<br />
Die metasprachliche Äußerung kennzeichnet einen Wechsel im Kommunikationsverhalten:<br />
Erst als die Sprecherin ihre eigenen Lösungsversuche als gescheitert zu<br />
erkennen gibt und einräumt, daß sie einen Ausdruck nicht aktivieren kann, sieht sich<br />
der Hörer aufgefordert, der Sprecherin zur Seite zu springen.<br />
Daß es sich bei dieser Art von Ersetzung durch semantisch verwandte Lexeme, in<br />
der Regel Oberbegriffe, nicht um einen Einzelfall handelt, belegen weitere<br />
Fundstellen im Korpus: In der gleichen Wegbeschreibung spricht Aynur statt von<br />
7 Braun/Mangold (1984: 189): "ò legg! na, so was!", ein feststehender Ausdruck des Erstaunens,<br />
gebildet mit einer Form des Verbs "legge" ("lecken") (vgl. ebd., 167).