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Sicherheit im Sport Ein Leben mit Sport – aber sicher

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4 Der Charakter der FIS-Regeln<br />

D. Kocholl<br />

Die seit 1967 bestehenden FIS-Regeln sind keine Rechtsnormen. Dazu fehlt der FIS die<br />

rechtsstaatlich notwendige, hoheitliche Normsetzungsbefugnis. Deswegen sind die Regeln<br />

auch nicht als Schutznormen gem § 1311 ABGB anzusehen und eine dynamische Verweisung<br />

möglicherweise rechtsstaatswidrig. Die FIS-Regeln sind jedoch als Konkretisierung<br />

der allgemein von Schneesportlern zu erwartenden Sorgfaltspflicht für alle Schneesportler<br />

auf Pisten rechtlich relevant. Diese Sorgfaltspflicht besteht unabhängig von jeglichen FIS-<br />

oder <strong>Sport</strong>regeln oder einer Verbandszugehörigkeit. Dass die einzelnen FIS-Regeln gesondert<br />

betrachtet werden sollten, zeigt folgende Kurzanalyse: 14<br />

Bei der Frage, ob die FIS-Regeln Gewohnheitsrecht und da<strong>mit</strong> pr<strong>im</strong>äre Rechtsquelle<br />

sind, scheiden sich seit Jahrzehnten international die Geister. Wenn auch in der Praxis<br />

meist nicht entscheidungsergebnisrelevant, bietet sich durch diese Fragestellung doch ein<br />

erster Schritt der Analyse. ME kann die Frage nach dem Gewohnheitsrechtscharakter nur<br />

beantwortet werden, wenn die einzelnen Regeln unterschieden werden und nicht, wie es<br />

<strong>im</strong>mer wieder geschieht, die FIS-Regeln in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Da Gewohnheitsrecht<br />

nicht werden sollte/kann, was schon gesatztes Recht ist, scheiden die FIS-<br />

Regeln 1 und 9 dafür aus. Möglicherweise sind die systematisch zusammenhängenden<br />

Kollisionsverhütungsregeln 2 bis 5 als eine <strong>Ein</strong>heit zu betrachten, die entweder Gewohnheitsrecht<br />

sein können oder nicht. Lex specialis und da<strong>mit</strong> dem Gewohnheitsrecht zugänglich<br />

kann allerdings nur sein, was Verhaltensregeln näher konkretisiert als dies die Gesetze<br />

bereits tun. Die Regeln 1 und 9 tun das nicht. Gegen eine gemeinsame Betrachtung spricht<br />

auch das Faktum, dass sich der Bekanntheitsgrad der einzelnen FIS-Regeln in den Verkehrskreisen<br />

stark unterscheidet. Notwendig für das Kriterium der consuetudo wäre, dass<br />

sich die Schneesportler als rechtswidrig handelnd ansehen, wenn sie die FIS-Regeln verletzen.<br />

Die consuetudo muss über einen gewissen Zeitraum erfolgen, der nicht näher konkretisiert<br />

werden kann. Allerdings erschweren die <strong>im</strong>mer wieder durchgeführten Änderungen<br />

und zusätzliche aus didaktischen Zwecken vereinfachte „Schlagzeilen-Fassungen“ wie<br />

„Safer snow <strong>–</strong> more fun“ eine einheitliche Rezeption.<br />

Nachteil eines Gewohnheitsrechtscharakters wäre die erschwerte Abänderbarkeit, die in<br />

angemessener Zeit nur durch den Gesetzgeber vorgenommen werden könnte. Solange eine<br />

FIS-Regel kein Gewohnheitsrecht und da<strong>mit</strong> pr<strong>im</strong>äre Rechtsquelle ist kann sie rechtstheoretisch<br />

richtig oder falsch sein. Wenn Pichler 15 meint, dass durch den häufigen Gerichtsgebrauch<br />

der FIS-Regeln durch die Höchstgerichte Gewohnheitsrecht entstanden sei, so<br />

st<strong>im</strong>mt der Aspekt, dass dadurch möglicherweise die Entstehung von Gewohnheitsrecht<br />

begünstigt wird. Wirklich entstanden ist allerdings Richterrecht (case law iwS ohne stare<br />

decisis). Die FIS-Regeln können per rechtsgeschäftlicher Willensübereinst<strong>im</strong>mung Be-<br />

14 Vgl auch Stiffler, Schweizerisches Schneesportrecht3 (2002) 43 mwN.<br />

15 Pichler, Die FIS-Regeln für Skifahrer, ZVR 1991, 353.<br />

<strong>Sicherheit</strong> <strong>im</strong> <strong>Sport</strong> "<strong>Ein</strong> <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Sport</strong> <strong>–</strong> <strong>aber</strong> <strong>sicher</strong>"

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