EDUARD REUT-NICOLUSSI - Centro Documentazione Luserna
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Allegato II 205<br />
gen Kenntnisnahme bekannt gegeben wird, teilen wir mit, dass von<br />
Paris vertraulich Folgendes berichtet wird:<br />
„Es stimmt nicht, dass sich Abg. Nicolussi aus Angst vor allgemeinen<br />
Unannehmlichkeiten ins Ausland begeben hat, sondern weil er<br />
etwas viel Bestimmteres fürchtete. Man muss wissen, dass ihm vor<br />
zwei Monaten das Aktionskomitee einen Emissär entsandt hatte, um<br />
zu erfahren, ob er zu einem politischen Abkommen mit den<br />
Antifaschisten für eine gemeinsame Aktion mit den Deutschen<br />
Südtirols bereit wäre. Nicolussi antwortete nach einigem Zögern, man<br />
müsse vor allem wissen, ob sich die Antifaschisten den Ansprüchen<br />
auf das ,basso Tirolo‘ (unteres Tirol) widersetzten. Nicolussi betonte<br />
dieses Wort im Gegensatz zu dem vom Aktionskomitee verwendeten<br />
,Alto Adige‘. Das Komitee antwortete durch einen aus Bozen gebürtigen<br />
Emissär, dass es im Kampf um die Freiheit diese auch den<br />
Deutschen und Slawen zuerkenne, die Italien unterworfen waren. Ja,<br />
es verpflichtete sich, dieses Recht im Falle eines Sturzes des<br />
Faschismus gegen jeden zu verteidigen und jeden zu unterstützen,<br />
der bereit war, in den antifaschistischen Zeitungen indirekte<br />
Publikationen zu veröffentlichen, die für die Deutschen das Recht<br />
auf Selbstbestimmung forderten. Das Abkommen kam somit zustande<br />
und Nicolussi sandte dem Komitee sechstausend Lire für den<br />
Druck antifaschistischer, auf Deutsch geschriebener Flugblätter.<br />
Diese Zettel fielen bei einer Durchsuchung der Wohnung des<br />
Anarchisten Berneri durch die Pariser Polizei in die Hände der französischen<br />
Regierung.<br />
Aus Angst, dass die italienische Regierung durch die französische<br />
Polizei von der geheimen Tätigkeit Nicolussis und seinen<br />
Beziehungen zu den antifaschistischen Emigranten Kenntnis erhalten<br />
könne, ließ das Komitee den deutschen Abgeordneten dringend wissen,<br />
dass er die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen hätte.<br />
Eine Woche später passierte Nicolussi die Grenze. Bis zu diesem<br />
Zeitpunkt hat er sich in Paris nicht gemeldet, doch wird angenommen,<br />
dass er jeden Augenblick eintreffen wird, da er über einen falschen<br />
französischen Pass verfügt, den ihm das Komitee schon vor<br />
Zeiten beschafft hat“.<br />
Für den Polizeichef