EDUARD REUT-NICOLUSSI - Centro Documentazione Luserna
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Intervento/testimonianza della figlia 239<br />
oder Aufmüpfigkeit wurden bestraft. Ich erinnere mich an ein paar sehr<br />
eindrucksvolle Strafen, die weh taten. Ich war schon ziemlich erwachsen,<br />
da rauchte ich in Abwesenheit meines Vaters gegen Verbot eine<br />
Zigarette in seinem Zimmer. Stunden später hatte er es trotz geöffneter<br />
Fenster bemerkt - und ich wurde für eine Woche aus dem Zimmer<br />
verbannt. Zigarettenrauch war widerlich - ein früher eiserner Grüner...<br />
Die humanistische Bildung - am Staatsgymnasium in Trient<br />
erworben - ließ ihm gewisse Grundsätze oft in klassische Zitate fassen:<br />
„Quidquid agis, prudenter agas et respice finem“ - das klingt mir noch<br />
heute in den Ohren (Was immer du tust, tue es klug und bedenke das<br />
Ergebnis) - oder „Audiatur et altera pars“ (Man muss immer auch die<br />
andere Seite hören). Sein klassischer Zitatenschatz war groß.<br />
Sein Erziehungsstil vermittelte Maßstäbe und gab Orientierung. Ich<br />
stamme aus einer Generation, die für den Nationalsozialismus anfällig<br />
war. Die Gesinnung meines Vater und seine Argumente haben mich<br />
davor bewahrt – ich war ihm dankbar dafür.<br />
Die andere Seite des autoritären Erziehers war der lachender Vater.<br />
Er hatte eine sehr große Kapazität an Humor. Da gab es einen unerschöpflichen<br />
Schatz an Witzen - politischen und anderen. Er hat sie<br />
auch aufgeschrieben, um seine Studenten damit zu unterha1ten. Er<br />
hatte auch Freude an Situationskomik und ein bisschen Spott war<br />
manchmal ebenso dabei. Wir durften auch über ihn lachen und er hat<br />
mitge1acht. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“. Das war ein oft<br />
gehörtes Zitat – gewissermaßen ein Motto.<br />
Er hat seine Familie sehr geliebt und die Trennung, die durch die<br />
politischen Gegebenheiten – sein Einreiseverbot in Südtirol – stattfanden,<br />
wurden schmerzlich erlebt. Wir haben die Sommer mit der Mutter<br />
in Seis verbracht und der Vater hat uns am Innsbrucker Bahnhof verabschiedet<br />
und dann im Herbst empfangen.<br />
Seine alte Mutter und seine Schwestern wohnten in Gries bei Bozen<br />
und er konnte sie nach der Flucht über die Grenze 1927 nicht mehr<br />
besuchen. Als die Mutter starb, war es ihm verwehrt zur Beerdingung<br />
zu fahren. Die Erschütterung bei der Nachricht von ihrem Tod ist mir<br />
eine starke Erinnerung.<br />
Das Einreiseverbot wurde durchbrochen als mein Vater gegen Ende<br />
des Krieges mit 56 Jahren zu den Standschützen nach Südtirol einberufen<br />
wurde. Er hat erzählt mit welchen Gefühlen er nach beinahe 20<br />
Jahren durch Südtirol gefahren ist. Aber nach dem Krieg war das