EDUARD REUT-NICOLUSSI - Centro Documentazione Luserna
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Intervento/testimonianza della figlia 241<br />
Einreiseverbot wieder aufrecht und schließlich hat sich unsere Mutter<br />
mit einem Brief persönlich an den Ministerpräsidenten Degasperi<br />
gewandt und die Einreisebewilligung wurde erteilt.<br />
Erwähnen möchte ich auch die musische Seite unseres Vaters. Er<br />
hat sehr gut gezeichnet. Als Kind hatte ich ein Stammbuch. Da hat<br />
mich der Vater als kleines Mädel mit einem Wanderstab portraitiert<br />
und darunter geschrieben „Das Beste liegt immer vor uns“. Das ist ein<br />
Beweis, dass er im Grunde ein Optimist war.<br />
Er hat eine große Freude an Musik gehabt und er hat gern gesungen<br />
-Studentenlieder und Soldatenlieder und auch “dDie Grenadiere”. Der<br />
dramatische Vortrag hat uns als Halbwüchsige immer gepackt. Er hat<br />
uns erzählt, dass er als Abgeordneter in Rom mit diesem Lied einmal<br />
bei einem italienischen Kollegen erfolgreich einen Abend mit bestritten<br />
hat. Meine älteren Söhne erinnern sich noch heute daran, wie er mit<br />
ihnen als Dreijährigen oder Vierjährigen zum Text „Wenn die Soldaten<br />
durch die Stadt marschieren, öffnen die Mädchen die Fenster und die<br />
Türen“ über den Korridor marschiert ist.<br />
Ich verdanke meinem Vater frühe starke Theatereindrücke.<br />
Er hat mich öfters nach München mitgenommen, um mir eben solche<br />
Eindrücke zu verschaffen. Seine Begeisterung nach einem guten<br />
Schauspiel werde ich nicht vergessen.<br />
Unser Vater war sehr großzügig im Schenken und im Spenden.<br />
für sich persönlich aber bescheiden, sparsam. Das Gehalt eines<br />
Universitätsprofessors war in der Zwischenkriegzeit sehr bescheiden<br />
und, abgesehen von der Zeit als Abgeordneter im römischen Par1ament,<br />
war seine ganze politische Tätigkeit unbezahlt - ehrenamtlich.<br />
Erwähnen möchte ich auch die Beziehung zur Sprache. Wir wurden<br />
dazu erzogen, gutes Deutsch zu sprechen. Irgendwelche Dialektausdrücke,<br />
die wir aus der Schule mitbrachten, wurden nicht geduldet;<br />
und ein guter Stil in Aufsätzen und Briefen war ein Anliegen. Stolz hat<br />
unser Vater einmal erzählt, dass ihm ein Mittelschullehrer aus<br />
Deutschland geschrieben hat, er verwende Textproben aus „Tirol unterm<br />
Beil“ wegen des klassischen Stils im Deutschunterricht. Die Muttersprache<br />
war also im besonderen Sinn auch eine Vatersprache.<br />
Auch die Reden unseres Vaters waren genau konzipiert und ausgefeilt.<br />
Er hat auch ein Buch über die „Redekunst“ geschrieben. Jemand<br />
hat mir einmal erzählt, der Bundeskanzler Kreisky habe ihn einmal bei<br />
einer Gelegenheit als den besten Redner Österreichs bezeichnet.