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Quantentheorie II - FIAS

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2.12 Der Stern-Gerlach-Versuch<br />

2.12 · Der Stern-Gerlach-Versuch<br />

Der Stern-Gerlach-Versuch zur „Richtungsquantelung“ wurde 1922, also schon vor der Entwicklung<br />

der modernen <strong>Quantentheorie</strong> ausgeführt 9 . Das Bohr-Sommerfeldsche Atommodell sagte allerdings<br />

bereits damals voraus, daß der Drehimpuls quantisiert sein sollte. Außerdem war bekannt, daß ein<br />

Atom mit einer Elektronenkonfiguration in einem Zustand zum Bahndrehimpuls l ≠ 0 (in moderner<br />

Sprache ausgedrückt) ein entsprechendes magnetisches Moment wie durch (2.11.39) aufweisen muß.<br />

Der Spin war allerdings noch unbekannt. Gleichwohl sollte ein Atomstrahl mit Atomen mit magnetischem<br />

Moment in einem inhomogenen Magnetfeld abgelenkt werden. Während die klassische Physik<br />

einfach eine kontinuierliche Aufweitung des Strahls vorhersagte, mußte nach dem Bohrschen Atommodell<br />

der Strahl in einem Magnetfeld mit Feldgradient in z-Richtung entsprechend der Quantelung der<br />

z-Komponente des Bahndrehimpulses in diskreter Weise abgelenkt werden. Stern und Gerlach gelang<br />

der Nachweis dieser Richtungsquantelung eines Atomstrahls von Silberatomen. Sie fanden eine Aufspaltung<br />

des Strahls entsprechend zweier Einstellmöglichkeiten der z-Komponente des Drehimpulses,<br />

was mit der damaligen Vorhersage des Bohr-Sommerfeld-Modells verträglich war. Die moderne <strong>Quantentheorie</strong><br />

würde allerdings bei einem Teilchen ohne Spin nur Aufspaltungen in eine ungerade Anzahl<br />

von Strahlen vorhersagen, denn der Bahndrehimpuls gehört immer zu Darstellungen der Drehgruppe<br />

mit Drehimpulsquantenzahl l ∈ 0 , und die z-Komponente des Bahndrehimpulses kann immer nur<br />

die (2l + 1) Werte m z = {0,±1,...,±l } annehmen.<br />

Im Lichte der modernen <strong>Quantentheorie</strong> betrachtet ist allerdings die Aufspaltung in zwei Strahlen für<br />

Silberatome leicht erklärbar: Das Silberatom besitzt ein Valenzelektron, das sich im Grundzustand in<br />

einem Bahndrehimpulszustand l = 0 (s-Orbital) befindet. Die übrigen Elektronen füllen ihre entsprechenden<br />

Orbitale vollständig auf, so daß deren Gesamtdrehimpuls 0 ist. Entsprechend ist der Gesamtdrehimpuls<br />

des Atoms J = 1/2. Es verhält sich also wie ein neutrales Teilchen mit einer großen Masse<br />

und einem magnetischen Moment aufgrund des Spins 1/2 dieses Elektrons, solange das Atom nicht auf<br />

irgendeine Weise in angeregte Zustände übergeht. Dies ist aber unter den Versuchsbedingungen von<br />

Stern und Gerlach nur höchst unwahrscheinlich. Daher können wir bei der Analyse des Experiments<br />

das Silberatom einfach als neutrales Teilchen mit einem magnetischen Moment entsprechend dem vom<br />

Spin des Valenzelektrons behandeln. Entsprechend der beiden Einstellungsmöglichkeiten für die z-<br />

Komponente des Spins (σ = ±1/2) spaltet sich also der Strahl in der Tat in zwei Teilstrahlen auf, von<br />

denen einer aus Teilchen mit σ = 1/2 und einer aus solchen mit σ = −1/2 besteht.<br />

Schon diese qualitative Beschreibung zeigt, warum der Stern-Gerlach-Versuch auch heute noch als Musterbeispiel<br />

für den quantenmechanischen Meßprozeß dient: Er zeigt alle Charakteristika einer quantenmechanischen<br />

Messung, und wir wollen daher dieses Experiment aus quantentheoretischer Sicht<br />

genauer betrachten. Der Versuchsaufbau ist schematisch in Abb. 2.1 dargestellt. In einem Ofen wird<br />

Silber geschmolzen, und durch eine Öffnung tritt ein Atomstrahl aus und wird durch Blenden auf eine<br />

bestimmte Richtung fokussiert. Dies können wir im Sinne der <strong>Quantentheorie</strong> als Präparation der Silberatome<br />

auffassen. Wir haben es allerdings mit einem gemischten Zustand von Teilchen zu tun, die<br />

einen Impuls besitzen, der entsprechend einer thermischen Verteilung um den Mittelwert ⃗p = ⃗e x p 0<br />

verteilt ist. Die Atome durchlaufen nun ein inhomogenes zeitlich konstantes Magnetfeld, welches<br />

wir in der Nähe des Strahls durch die Entwicklung bis zur ersten Ordnung in den Raumkoordinaten<br />

approximieren können:<br />

⃗B = (B 0 + βz)⃗e z − βy⃗e y . (2.12.1)<br />

9 Eine äußerst vergnügliche Darstellung der Historie des Stern-Gerlach-Versuchs findet sich in [FH03].<br />

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