Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Mathias Schwabe <strong>und</strong> David Vust<br />
rauszukommen, o<strong>der</strong> ob es sich um e<strong>in</strong>e halbwegs aufrichtige Abmachung<br />
handelt. Halbwegs aufrichtig me<strong>in</strong>t nicht, dass das K<strong>in</strong>d Anzeichen<br />
echter E<strong>in</strong>sicht o<strong>der</strong> Reue zeigen muss. Aber zum<strong>in</strong>dest sollte es<br />
den Pädagogen anhören <strong>und</strong> ihm den E<strong>in</strong>druck vermitteln, dass dessen<br />
Versuch <strong>der</strong> Normenverdeutlichung bei dem K<strong>in</strong>d angekommen ist.<br />
Mit <strong>der</strong> Intervention <strong>der</strong> begleiteten Auszeit ist die Hoffnung verb<strong>und</strong>en,<br />
dass die persönliche Konfrontation zwischen Pädagogen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>d<br />
den Konflikt über das unerwünschte Verhalten auf e<strong>in</strong>e Beziehungsebene<br />
hebt <strong>und</strong> dort weiter bearbeitet werden kann. Das Ziel ist es, mit<br />
dieser Form <strong>der</strong> Intervention dem K<strong>in</strong>d Entwicklungsimpulse zu geben,<br />
so dass es Schritt <strong>für</strong> Schritt das Verhalten aufgeben kann, das es <strong>in</strong> den<br />
Raum geführt hat. E<strong>in</strong> erster Schritt zur Verän<strong>der</strong>ung kann dar<strong>in</strong> bestehen,<br />
den Druck zur Verhaltensän<strong>der</strong>ung zu erhöhen, d. h. dass das<br />
K<strong>in</strong>d zunächst lediglich daran Interesse hat, die unangenehme Intervention<br />
<strong>der</strong> begleiteten Auszeit zu vermeiden. Wie wir später sehen werden,<br />
kann es dabei bleiben, aber auch zu weiteren Entwicklungen führen (siehe<br />
Kap. 4.3).<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> Situation A) wird <strong>der</strong> Pädagoge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong><br />
pädagogisch motivierten Grenzsetzung rascher auf respektvolles Verhalten<br />
drängen <strong>und</strong> gezielte, aggressive Angriffe gegen se<strong>in</strong>e Person<br />
verbieten, es sei denn, das K<strong>in</strong>d ist im Konfliktverlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Zustand<br />
<strong>der</strong> von ihm selbst nicht mehr kontrollierbaren Hocherregung geraten.<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> A) endet <strong>der</strong> Aufenthalt <strong>in</strong> dem Auszeitraum nicht schon<br />
dann, wenn sich das K<strong>in</strong>d beruhigt hat, son<strong>der</strong>n erst, wenn e<strong>in</strong> vernünftiges<br />
Gespräch über das Verhalten stattgef<strong>und</strong>en hat, das den Anlass <strong>für</strong><br />
die Raumnutzung dargestellt hat.<br />
Der wichtigste Unterschied zur Krisen<strong>in</strong>tervention (A) besteht aber<br />
dar<strong>in</strong>, dass es sich bei <strong>der</strong> begleiteten Auszeit um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuell geplante,<br />
pädagogische Intervention handelt. Sie kann von den Pädagogen<br />
des Heims nicht alle<strong>in</strong>e beschlossen <strong>und</strong> umgesetzt werden, son<strong>der</strong>n<br />
muss über das Verfahren Hilfeplangespräch nach § 36 KJHG e<strong>in</strong>er vorangehenden<br />
Erörterung mit allen Beteiligten <strong>der</strong> Hilfe unterzogen werden.<br />
Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass die Pädagogen es bisher auf m<strong>in</strong>destens<br />
zwei unterschiedlichen Wegen probiert haben, das unerwünschte Verhalten<br />
des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> den Griff zu bekommen. Nur wenn sie mit verschiedenen<br />
pädagogischen Strategien experimentiert haben <strong>und</strong> dabei auch<br />
kreativ gewesen s<strong>in</strong>d, dürfen sie an das Erziehungsmittel <strong>Zwang</strong>, hier <strong>in</strong><br />
Form des Auszeitraumes, denken. Nur wenn die Mitarbeiter des Jugendamtes<br />
<strong>und</strong> die Eltern diese Intervention <strong>für</strong> s<strong>in</strong>nvoll halten <strong>und</strong> ihr ausdrücklich<br />
– zum<strong>in</strong>dest <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Zeit o<strong>der</strong> zur Probe – zustimmen,<br />
kann sie beg<strong>in</strong>nen, auch wenn diese Rechtsgr<strong>und</strong>lage nicht<br />
alle<strong>in</strong>e zur Legitimation dienen kann (siehe Kap. 6). Der junge Mensch<br />
wird auf e<strong>in</strong>e altersgemäße Weise mit <strong>in</strong> die Beratung e<strong>in</strong>bezogen o<strong>der</strong><br />
vorab darüber <strong>in</strong>formiert. Insbeson<strong>der</strong>e die Verhaltensweisen, die zu<br />
e<strong>in</strong>er Verhaltensmusterunterbrechung <strong>und</strong> Auszeit führen, müssen klar