01.11.2012 Aufrufe

Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Stimmen <strong>der</strong> von <strong>Zwang</strong> Betroffenen hören, verstehen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ordnen<br />

<strong>und</strong> vor möglichen Angriffen auf die eigene Person, nicht aber vor dem<br />

Raum selbst. So sagt Kar<strong>in</strong> (12 Jahre) z. B., sie habe „e<strong>in</strong> bisschen Angst.<br />

Ich denke, hoffe immer, das hört bald auf, das nervt ja auch, wenn e<strong>in</strong>er<br />

ausrastet.“ An<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> zeigen sich eher ärgerlich über die Störungen,<br />

die zu <strong>der</strong> Auszeitraumnutzung führen bzw. mit ihr verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d: „Es<br />

geht uns allen so, dass wir da genervt s<strong>in</strong>d, da können wir nicht <strong>in</strong> Ruhe<br />

frühstücken“ (Thekla, 8, 2. Befragung, 2006). Vorwürfe werden deswegen<br />

jedoch nicht erhoben, we<strong>der</strong> an die Adresse <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Raum gebrachten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, noch an die <strong>der</strong> Pädagogen. Den meisten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n sche<strong>in</strong>t klar,<br />

dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d nur dann <strong>in</strong> den Auszeitraum gebracht wird, wenn es nicht<br />

an<strong>der</strong>s geht:<br />

„Wenn er se<strong>in</strong>en Willen nicht kriegt, fängt er an zu schreien, dann schicken<br />

ihn die Erzieher <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Zimmer, versuchen weiter mit ihm zu reden, wenn<br />

er weiter ausrastet, dann <strong>in</strong> den Time-out-Raum, nehmen die Kl<strong>in</strong>ke raus,<br />

dann reden sie noch mal mit ihm.“ (Leon, 8, 2. Befragung, 2006)<br />

Für die nicht von <strong>der</strong> erzwungenen Nutzung betroffenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> sche<strong>in</strong>en<br />

mit dem Raum vor allem drei Effekte verb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>:<br />

A) E<strong>in</strong> Beruhigungseffekt, <strong>der</strong> <strong>für</strong> den Raumnutzenden durch die Möglichkeit<br />

entsteht, sich auszuagieren. Petra z. B. kann sich vorstellen, dass<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die <strong>in</strong> den Time-out-Raum geschickt wurden, sich anschließend<br />

gut fühlten: „Danach bestimmt ganz gut vielleicht. Ja bestimmt<br />

fühlt man sich dann wohler, wenn man sich ausgetobt hat. Also wenn man<br />

’nen Wutanfall hat <strong>und</strong> dann, dann sich ausgetobt hat“ (Petra, 119–121,<br />

1. Befragung, 2004). Sie selbst kann aber <strong>für</strong> ihre Person klar formulieren,<br />

dass ihr e<strong>in</strong> solcher Raum nicht helfen würde. „Dann würd’ ich eher noch<br />

unglücklicher werden“ (ebd. 131). Ihr würden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situation<br />

eher Bewegungsangebote helfen „zum Beispiel wan<strong>der</strong>n, ganz weit (. . .)<br />

vielleicht irgendwie Fahrrad fahren o<strong>der</strong> zehn M<strong>in</strong>uten Seilspr<strong>in</strong>gen o<strong>der</strong><br />

so was“ (ebd. 145–148).<br />

B) An<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> fokussieren auf den Schutzeffekt <strong>in</strong> Bezug auf Verletzungen.<br />

Dieser betrifft sowohl das den Raum nutzende K<strong>in</strong>d als auch die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die bei e<strong>in</strong>em unkontrollierten Ausagieren von Wut eventuell zu<br />

Opfern werden könnten. Insofern geht es um die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von eigenen<br />

<strong>und</strong> fremden Verletzungen. „Ich f<strong>in</strong>d’s gut, weil wenn e<strong>in</strong>er mal<br />

zuschlagen müsste, dass er dann nicht zuschlagen kann“ (Heike, 115,<br />

1. Befragung). Leo, <strong>der</strong> selbst <strong>in</strong> den Raum musste, kann zum<strong>in</strong>dest nachvollziehen,<br />

dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> vor ihm Angst gehabt haben: „Also die haben nur<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit, wo man ausgerastet ist, hatten e<strong>in</strong> paar Angst, dass ich die irgendwie<br />

auch schlagen würde o<strong>der</strong> so“ (Leo, 140–147, 1. Befragung, 2004).<br />

Die Annahme des Schutzes vor Selbstverletzung kommt bei Petra so<br />

zum Ausdruck: „O<strong>der</strong> wenn man tobt, dass man sich nicht wehtut. (. . .) Da<br />

gibt’s nicht so viele Gegenstände dr<strong>in</strong>ne“ (Petra, 88, 1. Befragung, 2004).<br />

159

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!