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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Begriff „Gewalt“ im S<strong>in</strong>ne des strafrechtlichen Nötigungstatbestandes<br />

(§ 240 StGB) ist nicht deckungsgleich mit dem Gewaltbegriff des § 1631<br />

Abs. 2 Satz 1 BGB („gewaltfreie Erziehung“). Wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

hat etwa das Wort „<strong>Zwang</strong>“ im S<strong>in</strong>ne des Vollstreckungsrechts (z. B.<br />

§ 33 FGG). Welcher Inhalt e<strong>in</strong>em Begriff zukommt, ist stets durch Interpretation<br />

(„Auslegung“) <strong>der</strong> ihn verwendenden Norm zu ermitteln. Es<br />

gibt ke<strong>in</strong>e die gesamte Rechtsordnung übergreifende Def<strong>in</strong>ition von<br />

Rechtsbegriffen.<br />

Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige im S<strong>in</strong>ne<br />

des BGB, also K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet<br />

haben.<br />

Die <strong>in</strong> den vorangegangenen Kapiteln erörterten <strong>Zwang</strong>ssituationen beziehen<br />

sich sowohl auf die Familienerziehung als auch auf die Erziehung<br />

<strong>in</strong> Heimgruppen („öffentliche Erziehung“). Die Normen, die das Familienrecht<br />

des BGB zur Regelung <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong>ssituationen bereithält (namentlich<br />

die Bestimmungen <strong>der</strong> §§ 1626 Abs. 2, 1631 Abs. 1, 1632 Abs. 2 <strong>und</strong><br />

1631 b BGB), richten sich unmittelbar nur an die sorgeberechtigten Eltern<br />

e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen, also noch nicht 18 Jahre alten K<strong>in</strong>des; denn sie f<strong>in</strong>den<br />

sich im BGB <strong>in</strong> Titel 5 des Familienrechts über die „Elterliche Sorge“.<br />

Geme<strong>in</strong>sam sorgeberechtigt s<strong>in</strong>d die Eltern e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen K<strong>in</strong>des,<br />

wenn sie mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verheiratet s<strong>in</strong>d. Die nicht mit dem K<strong>in</strong>desvater<br />

verheiratete Mutter e<strong>in</strong>es m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen K<strong>in</strong>des hat im Gr<strong>und</strong>satz<br />

die alle<strong>in</strong>ige elterliche Sorge (§ 1626a Abs. 2 BGB); nur wenn sie mit dem<br />

K<strong>in</strong>desvater zusammen (etwa beim Jugendamt) e<strong>in</strong>e förmliche „Sorgeerklärung“<br />

abgegeben hat, steht beiden die geme<strong>in</strong>same elterliche Sorge<br />

zu (§ 1626a Abs. 1 BGB). Än<strong>der</strong>ungen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> alle<strong>in</strong>igen o<strong>der</strong><br />

geme<strong>in</strong>samen Sorge können sich durch gerichtliche Entscheidungen<br />

(§§ 1671, 1666 BGB) ergeben.<br />

Die Erlaubnis, e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen K<strong>in</strong>d gegenüber <strong>Zwang</strong> auszuüben,<br />

ist also Ergebnis <strong>der</strong> verfassungsrechtlich <strong>in</strong> Art. 6 Abs. 2 GG garantierten<br />

elterlichen Sorge. Coester spricht <strong>in</strong>soweit von <strong>der</strong> „elterlichen Durchsetzungskompetenz“<br />

(Coester 2005, 754).<br />

Nur mittelbar kraft Verweisung gelten e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> sich auf <strong>Zwang</strong>ssituationen<br />

beziehenden Vorschriften auch <strong>für</strong> an<strong>der</strong>e Personen: <strong>für</strong> nicht sorgeberechtigte<br />

Elternteile (§ 1687a BGB), Ehepartner (§ 1687b BGB) <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>getragene Lebenspartner (§ 9 LPartG) e<strong>in</strong>es Elternteils („Stiefmütter<br />

<strong>und</strong> -väter“), <strong>für</strong> Vormün<strong>der</strong> (§§ 1773, 1793, 1800 BGB), Ergänzungspfleger<br />

(§§ 1909, 1915 Abs. 1, 1773, 1793, 1800 BGB), Pflegepersonen/-eltern<br />

(§ 1688 Abs. 1 BGB) <strong>und</strong> – <strong>in</strong> unserem Zusammenhang von entscheidendem<br />

Interesse – <strong>für</strong> Heimerzieher (§ 1688 Abs. 2 BGB).<br />

Die <strong>in</strong> den Heimen o<strong>der</strong> sonstigen Wohnformen tätigen Erzieher leiten<br />

also – ebenso wie Pflegepersonen – ihre Rechtsmacht vom Sorgerecht des<br />

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