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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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<strong>Zwang</strong> im Rahmen von Hilfeprozessen<br />

terschiedlichen Ausgangslagen, die diese <strong>in</strong> die Erziehungshilfen mitbr<strong>in</strong>gen,<br />

darf man sich von Forschung aber auch nicht zu viel an Klarheit erwarten.<br />

1.1 <strong>Zwang</strong> – e<strong>in</strong>e erste Def<strong>in</strong>ition<br />

<strong>Zwang</strong> wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Situation angewandt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong> hochgradig eskalierter<br />

Konflikt besteht: E<strong>in</strong> System (z. B. e<strong>in</strong>e Person) ist entschlossen, den eigenen<br />

Willen gegen den e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Systems (e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Person)<br />

durchzusetzen. Dazu wurden <strong>in</strong> den meisten Fällen bereits unterschiedliche<br />

Mittel <strong>und</strong> Wege ausprobiert, die jedoch erfolglos blieben. E<strong>in</strong>e<br />

sche<strong>in</strong>bar letzte Möglichkeit besteht nun <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anwendung von <strong>Zwang</strong>,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> zwei Formen ausgeübt werden kann: Entwe<strong>der</strong> kann die e<strong>in</strong>e Partei<br />

die an<strong>der</strong>e überwältigen <strong>und</strong> damit direkte Kontrolle über den Körper des<br />

an<strong>der</strong>en gew<strong>in</strong>nen. Der Gezwungene kann sich nicht mehr frei bewegen<br />

<strong>und</strong> muss deshalb das Ziel se<strong>in</strong>er Handlung aufgeben. Er wird geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t,<br />

se<strong>in</strong>en abweichenden Willen durchzuführen. Zusätzlich muss er sich zur<br />

Wie<strong>der</strong>erlangung se<strong>in</strong>er Bewegungsfreiheit häufig dem Willen des Mächtigeren<br />

fügen <strong>und</strong> dessen For<strong>der</strong>ungen erfüllen.<br />

Die an<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Durchsetzung besteht dar<strong>in</strong>, etwas Beängstigendes<br />

anzudrohen, worüber man Zugriff auf die „Seele“ des an<strong>der</strong>en gew<strong>in</strong>nt.<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass <strong>der</strong> Zw<strong>in</strong>gende E<strong>in</strong>fluss auf etwas besitzt,<br />

von dem sich <strong>der</strong> Gezwungene <strong>in</strong> existenzieller Weise abhängig weiß<br />

o<strong>der</strong> fühlt. Wenn er bei <strong>der</strong> Fortsetzung se<strong>in</strong>er Weigerung <strong>für</strong>chten muss,<br />

dass ihn wichtige Bezugspersonen verlassen, sozial bedeutsame Gruppen<br />

ausstoßen o<strong>der</strong> Mächtige die Existenzgr<strong>und</strong>lage entziehen, wird er – nicht<br />

immer, aber zum<strong>in</strong>dest häufig – e<strong>in</strong>lenken <strong>und</strong> <strong>der</strong>en For<strong>der</strong>ungen erfüllen.<br />

E<strong>in</strong>e erste Unterscheidung könnte deswegen von „körpergestütztem“<br />

bzw. physischem <strong>und</strong> „seelischem“ bzw. psychischem <strong>Zwang</strong> sprechen.<br />

Formen von <strong>Zwang</strong>, die jemanden abhalten, etwas zu tun, was er ursprünglich<br />

tun wollte, könnte man negativen o<strong>der</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungszwang<br />

nennen. Formen von <strong>Zwang</strong>, die jemanden dazu br<strong>in</strong>gen, etwas zu tun,<br />

was er vorher strikt abgelehnt hat, könnte man als positiven <strong>Zwang</strong> o<strong>der</strong><br />

<strong>Zwang</strong> zur Ausführung bezeichnen (Neumann 2003).<br />

In den meisten Fällen erreicht <strong>der</strong> Zw<strong>in</strong>gende se<strong>in</strong>en Zweck – das<br />

Nachgeben des Gezwungenen – alle<strong>in</strong>e durch die Androhung <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong>sausübung,<br />

ohne dass diese zur Ausführung gelangen müsste. Häufig gibt<br />

<strong>der</strong> Gezwungene nach, bevor er körperlich überwältigt o<strong>der</strong> ihm etwas<br />

existenziell Wichtiges tatsächlich entzogen wird. Allerd<strong>in</strong>gs setzt das<br />

Wirksamwerden <strong>der</strong> offenen o<strong>der</strong> auch nur angedeuteten Androhung<br />

zweierlei voraus:<br />

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