Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Die Stimmen <strong>der</strong> von <strong>Zwang</strong> Betroffenen hören, verstehen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ordnen<br />
Die Passage kl<strong>in</strong>gt, als ob Nils zwar wahrnimmt, dass sich e<strong>in</strong>ige an die<br />
Verhaltensanfor<strong>der</strong>ungen anpassen, er aber dem Programm vorwirft, nur<br />
vor<strong>der</strong>gründig o<strong>der</strong> kurzfristig zu wirken, da die Jugendlichen die normativen<br />
Erwartungen nicht e<strong>in</strong>sehen <strong>und</strong> sich nicht <strong>in</strong>tensiv mit ihnen beschäftigen.<br />
Die Aussage e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Jungen spricht <strong>für</strong> genau diese von<br />
Nils getroffene E<strong>in</strong>schätzung:<br />
Sam (16 Jahre): „Wenn mir die Woche sicher ist, dass ich sie schaffe <strong>und</strong><br />
dass ich me<strong>in</strong>e 24 Punkte schon habe [die M<strong>in</strong>destpunktzahl <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Woche<br />
zum Aufsteigen, Anmerkung Schwabe], dann mach’ ich aus Langeweile<br />
noch e<strong>in</strong> bisschen Terror. Weil ich dann ganz genau weiß, dass ich die<br />
Punkte nicht brauche, weil ich ja schon die Woche geschafft haben dann.“<br />
(Sam, 398–402, 2. Befragung, 2005).<br />
Aber wie<strong>der</strong> zurück zu Nils:<br />
Interviewer: „Was wäre denn an<strong>der</strong>s [ohne Programm]?“<br />
Nils: „Boa, das wär’ erst mal richtig cool. Dass denn nicht so viel Stress wäre.<br />
Also wir haben sehr viel Stress wegen <strong>der</strong> Punkte. Eigentlich fast nur. (. . .)<br />
Das nervt eigentlich nur. Da müsste es, da müsste es irgendetwas an<strong>der</strong>es<br />
geben! Aber nicht so was.“ (Nils, 255–258, 2. Befragung, 2005)<br />
Es sche<strong>in</strong>t, dass Nils nicht abgeneigt gegen e<strong>in</strong>e Methode wäre, die bei ihm<br />
o<strong>der</strong> den an<strong>der</strong>en Verhaltensverän<strong>der</strong>ungen bewirken kann. Aber es sollte<br />
e<strong>in</strong>e Form se<strong>in</strong>, die mit weniger „Stress“ verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> ihn weniger<br />
„nervt“. Später kann er zugeben, dass sich auch bei ihm persönlich schon<br />
etwas verän<strong>der</strong>t hat, seitdem er im Heim ist: „Jetzt b<strong>in</strong> ich ruhiger geworden,<br />
aber hier, hier br<strong>in</strong>gt das gar nichts, eigentlich!“<br />
Es sche<strong>in</strong>t, dass er positive Verän<strong>der</strong>ungen nicht mit dem Heim <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Konzept <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung br<strong>in</strong>gen kann. Er sieht sich nicht als jemanden,<br />
<strong>der</strong> sich auf Gr<strong>und</strong> von Grenzsetzung <strong>und</strong> Druck weiter entwickelt.<br />
Das e<strong>in</strong>zugestehen, käme vermutlich e<strong>in</strong>er Preisgabe von zentralen (Selbst-)<br />
Überzeugungen gleich. Diese kann <strong>und</strong> will er sich momentan nicht<br />
leisten. Deshalb verbleibt er im Modus <strong>der</strong> Reaktanz (Kähler 2005, 65ff;<br />
Kap. 3.4).<br />
Insgesamt wird bei den E<strong>in</strong>schätzungen zum Punkteprogramm deutlich,<br />
dass es von den Jugendlichen vor allem auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> bisher<br />
erlebten <strong>und</strong> aktuellen Beziehungsdynamik zwischen Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> Pädagogen wahrgenommen wird. Wird diese überwiegend als Machtkampf<br />
empf<strong>und</strong>en, wird auch das Punkteprogramm <strong>in</strong> diesen e<strong>in</strong>geordnet<br />
<strong>und</strong> abgelehnt. Man kann dann bestenfalls zähneknirschend o<strong>der</strong> resigniert<br />
mitmachen. Dass das nicht so se<strong>in</strong> muss, zeigt e<strong>in</strong>e Befragung aus<br />
e<strong>in</strong>er geschlossenen Intensivgruppe, die von LaKritz, e<strong>in</strong>em Evaluationsprojekt<br />
<strong>der</strong> Uni Koblenz, veröffentlicht wurde. Dort konnten die befragten<br />
Jugendlichen das strikte Regelwerk auch schon während ihres Aufent-<br />
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