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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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<strong>Zwang</strong> im Rahmen von Hilfeprozessen<br />

prozesse künstlich <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ungünstig beg<strong>in</strong>nen, aber im weiteren Verlauf<br />

an Lebensnähe <strong>und</strong> Attraktivität gew<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> so zu brauchbaren Ergebnissen<br />

führen. Freilich ist das ke<strong>in</strong>eswegs garantiert: Der <strong>in</strong>itiale <strong>Zwang</strong><br />

beim <strong>Zwang</strong>skontext bzw. <strong>der</strong> Freiheitsentzug im Jugendarrest o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

GU bieten lediglich e<strong>in</strong>e Chance bei gleichzeitig fort existierenden Risiken.<br />

Diese zu leugnen, wäre ebenso dumm, wie die kle<strong>in</strong>e Chance nicht zu<br />

nutzen. Am Ende wird es darauf ankommen, wie viele Personen davon<br />

eher profitiert haben <strong>und</strong> wie viele nicht. So gerne wir das anhand von<br />

Zahlen klar belegen würden <strong>und</strong> – wie genau auch immer – zu belegen versuchen<br />

müssen, so unklar werden die Wirkungen letztlich bleiben, weil<br />

schnelle Erfolge von späteren Rückfällen gefolgt werden können o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

erstes, verme<strong>in</strong>tliches Scheitern zu spät e<strong>in</strong>setzenden positiven Langzeitwirkungen<br />

führen kann (Thomas et al. 1998). Zu denken gibt, dass die<br />

Teilnehmer von Anti-Aggressivitäts-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendstrafanstalt<br />

Hameln ke<strong>in</strong> deutlich verän<strong>der</strong>tes Rückfallverhalten im Bereich Gewaltkrim<strong>in</strong>alität<br />

zeigten als die Gruppe <strong>der</strong>er, die dieses Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g nicht durchlaufen<br />

hatten. E<strong>in</strong>drucksvoll kl<strong>in</strong>gt dagegen, dass von 82 Mehrfachauffälligen<br />

im frühen Erwachsenenalter zehn bis fünfzehn Jahre später nur noch<br />

24 Erwachsene ihre krim<strong>in</strong>elle Karriere fortgesetzt haben, während 58 von<br />

ihnen aus dieser e<strong>in</strong>deutig o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest „schleichend“ ausgestiegen<br />

s<strong>in</strong>d. Wie viel davon auf direkte o<strong>der</strong> <strong>in</strong>direkte Formen von Erziehung im<br />

Gefängnis zurückzuführen ist <strong>und</strong> wie viel sich an<strong>der</strong>en Faktoren verdankt,<br />

beispielsweise dem Ende <strong>der</strong> verlängerten Adoleszenz, muss offen<br />

bleiben (Thomas et al. 1998, 111).<br />

E<strong>in</strong>e Möglichkeit, die Chance <strong>für</strong> Lernprozesse zu erhöhen, besteht<br />

dar<strong>in</strong>, den Freiheitsentzug so kurz wie nötig zu halten – wie schwierig das<br />

konzeptionell <strong>und</strong> im E<strong>in</strong>zelfall se<strong>in</strong> mag – bzw. so viele Elemente <strong>der</strong><br />

realen Welt wie möglich <strong>in</strong> den Alltag <strong>der</strong> geschlossenen Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Haftanstalt zu <strong>in</strong>tegrieren. Gefängnisse können ihren Insassen<br />

nach Verbüßung e<strong>in</strong>es Teils <strong>der</strong> Strafe anbieten, zu Freigängern zu werden.<br />

Junge Menschen aus geschlossenen Gruppen erhalten oft schon nach<br />

wenigen Tagen die erste Möglichkeit zu e<strong>in</strong>em „begleiteten Ausgang“ <strong>und</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest bei halbwegs angepasstem Verhalten nach wenigen Wochen die<br />

Chance, st<strong>und</strong>enweise alle<strong>in</strong>e nach draußen zu gehen. Das kann noch im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er schlichten „Kuhhandel-Pädagogik“ stattf<strong>in</strong>den – „tausche<br />

Anpassung gegen Privilegien“ –, kann aber auch darüber h<strong>in</strong>aus weisen:<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> GU kann man mit <strong>der</strong> Gewährung von Ausgang trotz<br />

möglicher Fluchtgefahr – an<strong>der</strong>s als es von den rechtlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

im Gefängnis möglich ist – den jungen Menschen zeigen, dass man auf<br />

ihre E<strong>in</strong>sicht <strong>und</strong> Motivation zur Selbstverän<strong>der</strong>ung baut <strong>und</strong> selbst um<br />

die engen Grenzen dessen weiß, was Freiheitsentzug bewirken kann.<br />

Nicht immer, aber auch nicht selten kommt auf diese Weise e<strong>in</strong> Arbeitsbündnis<br />

zustande: Die E<strong>in</strong>richtung lockert den <strong>Zwang</strong> <strong>und</strong> riskiert be-<br />

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