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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Auszeiträume <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />

h<strong>in</strong> mit. An an<strong>der</strong>en Tagen randalierte er während <strong>der</strong> Isolierung so heftig,<br />

dass es ihm gelang, die Fußbodenleisten herauszureißen <strong>und</strong> das Sichtfenster<br />

aus dem Rahmen zu schlagen. Auf Gr<strong>und</strong> dieser Heftigkeit wurden<br />

unabgesprochene Zusatzsanktionen e<strong>in</strong>geführt: Beispielsweise musste<br />

Nico die Zeit im Time-out-Raum später <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Zimmer nachsitzen,<br />

weil man das Gefühl hatte, er genieße die massive Aufmerksamkeit, die damit<br />

verb<strong>und</strong>en ist. Nico war zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Time-out-Behandlung zwei,<br />

drei Wochen gar nicht im Raum; dann wie<strong>der</strong> drei o<strong>der</strong> vier Mal kurz h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Die Anzahl <strong>der</strong> Interventionen nahm im Verlauf <strong>der</strong> nächsten<br />

drei Monate deutlich ab. Nico musste nur noch e<strong>in</strong>mal im Monat <strong>in</strong> den<br />

Raum. Allerd<strong>in</strong>gs musste er jedes Mal zwangsweise dorth<strong>in</strong> gebracht werden.<br />

Dann nahm das Anlassverhalten wie<strong>der</strong> zu. E<strong>in</strong>e längere Phase <strong>der</strong><br />

Raumnutzung bis zu dreimal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche begann. Ke<strong>in</strong>er versteht so<br />

richtig, warum <strong>und</strong> wieso. Es wachsen die Phantasien, dass dem Jungen <strong>in</strong><br />

dieser Heimgruppe eventuell nicht zu helfen ist. Aber noch lebt Nico im<br />

Heim, <strong>und</strong> die Interventionen im Auszeitraum s<strong>in</strong>d nicht abgeschlossen.<br />

Wenn wir überlegen, was <strong>für</strong> die unterschiedlichen Verläufe e<strong>in</strong>e Rolle<br />

spielt, so drängen sich zwei Faktoren förmlich auf: das Alter <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> Interventionsplanung. Bei älteren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />

Jugendlichen <strong>und</strong> mangelhafter Vorbereitung, die sich u. a. <strong>in</strong> Ankündigungen<br />

ausdrückt, die nicht klar genug s<strong>in</strong>d, sche<strong>in</strong>en die Auszeit<strong>in</strong>terventionen<br />

zum Scheitern verurteilt. Ob das bei besserer Planung an<strong>der</strong>s<br />

verlaufen wäre, wissen wir nicht. Immerh<strong>in</strong> kennen wir e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung,<br />

<strong>der</strong> es gel<strong>in</strong>gt, bezogen auf Auszeiträume, Kontrakte mit den Jugendlichen<br />

abzuschließen, die nach mündlicher Auskunft zu e<strong>in</strong>em hohen Prozentsatz<br />

e<strong>in</strong>gehalten werden.<br />

Bei den Verlaufsmustern A <strong>und</strong> C sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e klare Ankündigung <strong>und</strong><br />

gute Vorbereitung zum Erfolg <strong>der</strong> Intervention beizutragen. Ebenso wichtig<br />

ist <strong>der</strong> Faktor, dass es sich um K<strong>in</strong><strong>der</strong> handelt, die den Erwachsenen im<br />

Zusammenhang mit dieser Intervention nichts o<strong>der</strong> nicht nur Fe<strong>in</strong>dseliges<br />

unterstellen. Offensichtlich gel<strong>in</strong>gt es den Pädagogen im Verlaufsmuster A<br />

<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s C, den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n an<strong>der</strong>e Unterstützungsformen anzubieten,<br />

das Gewalt-Problem <strong>in</strong> den Griff zu bekommen. Dies sche<strong>in</strong>t auch <strong>der</strong><br />

Wunsch <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>, weswegen sie sich auf e<strong>in</strong>e Kooperation mit<br />

den Pädagogen e<strong>in</strong>lassen.<br />

Im Verlaufsmuster D hat es we<strong>der</strong> an guter Planung noch an <strong>der</strong> klaren<br />

Ankündigung gefehlt. Trotzdem wurde im Verlauf von fast e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb<br />

Jahren we<strong>der</strong> das unerwünschte Verhalten e<strong>in</strong>deutig weniger, noch steigerte<br />

sich die Freiwilligkeit, mit <strong>der</strong> das K<strong>in</strong>d den Raum aufsuchte. Die<br />

körperliche Überwältigung blieb nötig <strong>und</strong> schien <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Weise e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n darzustellen. Ungünstig war sicher <strong>der</strong> unkoord<strong>in</strong>ierte<br />

Wechsel vom Time-out <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik zur begleiteten Auszeit <strong>in</strong><br />

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