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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Rüdiger Ernst <strong>und</strong> Peter Höflich<br />

An<strong>der</strong>erseits wird nicht jede Form körperlicher E<strong>in</strong>wirkung erfasst.<br />

Körperliche E<strong>in</strong>wirkung ist vielmehr nur dann unzulässig, wenn sie als<br />

Sanktion <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Fehlverhalten des K<strong>in</strong>des vorgenommen wird („Bestrafung“).<br />

Die Fälle, <strong>in</strong> denen das Baby auf dem Wickeltisch o<strong>der</strong> das K<strong>in</strong>d<br />

vor <strong>der</strong> roten Ampel festgehalten o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Fahrbahn o<strong>der</strong> vom Herd<br />

zurückgehalten wird, fallen also nicht unter das Unzulässigkeitsverdikt,<br />

weil sie präventiv <strong>der</strong> Vermeidung von Gefahren <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> Dritte<br />

dienen. Es handelt sich nicht um Bestrafung im S<strong>in</strong>ne von § 1631 Abs. 2<br />

BGB, wenn die Eltern körperlichen <strong>Zwang</strong> anwenden, um das K<strong>in</strong>d vor<br />

e<strong>in</strong>em ihm drohenden Schaden zu bewahren. Die sorgeberechtigten Eltern<br />

genügen damit <strong>der</strong> ihnen gemäß § 1631 Abs. 1 BGB obliegenden Aufsichtspflicht.<br />

Körperliche E<strong>in</strong>wirkungen s<strong>in</strong>d auch zulässig, um erlaubte Erziehungsmaßnahmen<br />

durchzusetzen. Eltern dürfen beispielsweise das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d<br />

unter E<strong>in</strong>satz körperlicher Gewalt aus dem Sandkasten o<strong>der</strong> vom Spielplatz<br />

entfernen – jedenfalls, soweit es sich um e<strong>in</strong>en verhältnismäßigen Gewalte<strong>in</strong>satz<br />

handelt. Wo dabei genau die Grenze zwischen noch erlaubten<br />

<strong>und</strong> nicht mehr erlaubten Maßnahmen verläuft, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur umstritten<br />

<strong>und</strong> nicht abschließend geklärt.<br />

Teilweise wird zur Abgrenzung darauf abgestellt, dass nur „passive“<br />

Präventionsmaßnahmen wie das Fest- bzw. Zurückhalten o<strong>der</strong> das Wegziehen<br />

zulässig s<strong>in</strong>d, nicht aber die vorsorglich verabreichte Tracht Prügel<br />

o<strong>der</strong> auch nur die vorsorgliche Ohrfeige, selbst wenn sie nur „leicht“ ist.<br />

Dabei seien aber auch körperliche E<strong>in</strong>wirkungen auf das K<strong>in</strong>d zu präventiven<br />

Zwecken nicht grenzenlos zulässig, weil sie dem dritten Fall des<br />

Satzes 2, nämlich den an<strong>der</strong>en entwürdigenden Maßnahmen, unterfallen<br />

(Huber 2002, § 1631 RdNr. 24). Coester (2005, 753ff) dagegen hält die Abgrenzungskriterien<br />

Sanktion/Prävention nicht <strong>für</strong> geeignet, um zulässige<br />

von unzulässigen Formen <strong>der</strong> elterlichen Gewaltanwendung abzugrenzen:<br />

entscheidend sei nicht das Gegensatzpaar Vergangenheit/Zukunft, son<strong>der</strong>n<br />

die Zielrichtung <strong>der</strong> elterlichen Maßnahme. Er fasst Umfang <strong>und</strong><br />

Grenzen zulässiger Elterngewalt wie folgt zusammen:<br />

„(1) Zur Durchsetzung konkreter Sorgeentscheidungen können die Eltern<br />

notfalls <strong>und</strong> <strong>in</strong> angemessenem Umfang durchaus Gewalt anwenden – die<br />

unmittelbare Durchsetzung elterlicher Ge- o<strong>der</strong> Verbote ist ke<strong>in</strong>e ‚Bestrafung‘<br />

im S<strong>in</strong>ne von § 1631 Abs. 2 Satz 2 BGB.<br />

(2) Als Bestrafung hat, dem Sprachs<strong>in</strong>n folgend, zunächst die vergangenheitsorientierte<br />

Sanktion zu gelten. (...) Nichtkörperliche Sanktionen<br />

bleiben von dieser Gesetzesalternative unberührt.<br />

(3) Körperliche Gewalt zur Erhöhung <strong>der</strong> Folgebereitschaft des K<strong>in</strong>des<br />

(Beugegewalt), sei sie anknüpfend an geschehenes Fehlverhalten (Sanktion<br />

mit Warneffekt <strong>für</strong> die Zukunft) o<strong>der</strong> re<strong>in</strong> präventiv im H<strong>in</strong>blick auf künf-

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