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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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3 <strong>Institut</strong>ionelle <strong>Zwang</strong>selemente <strong>in</strong> Heimgruppen:<br />

Kontextbed<strong>in</strong>gungen, Formen <strong>und</strong> Zielgruppen<br />

von Mathias Schwabe <strong>und</strong> David Vust<br />

<strong>Zwang</strong>selemente werden <strong>in</strong> diesem Kapitel im <strong>in</strong>stitutionellen Kontext des<br />

Heims untersucht (<strong>in</strong> Sett<strong>in</strong>gs des § 34 SGB VIII), <strong>der</strong> sich von den Kontexten<br />

Schule <strong>und</strong> Gefängnis unterscheidet. Zunächst geschieht diese<br />

Analyse allgeme<strong>in</strong>, später auf dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> von uns über zwei Jahre<br />

begleiteten Intensivgruppen an drei verschiedenen Standorten.<br />

3.1 Unterschiede <strong>in</strong> Familie <strong>und</strong> Heim<br />

Wenn es Eltern nicht gel<strong>in</strong>gt, gekonnte bzw. konstruktive Formen von<br />

<strong>Zwang</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Familie zu praktizieren, werden <strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong> später<br />

mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit an an<strong>der</strong>en Orten Situationen mit konstellieren,<br />

<strong>in</strong> denen das Thema <strong>Zwang</strong> erneut auf <strong>der</strong> Tagesordnung steht.<br />

E<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> liegt dar<strong>in</strong>, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> sich an diesen Orten kaum<br />

o<strong>der</strong> zu wenig an die dort geltenden Regeln halten können <strong>und</strong> <strong>in</strong> z. T.<br />

brutaler Weise über die Grenzen an<strong>der</strong>er h<strong>in</strong>weggehen. Das kann <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten,<br />

Schulen o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Jugendhilfe geschehen, selbst<br />

noch im Gefängnis. Auch wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendliche e<strong>in</strong> Recht darauf<br />

haben, von diesen <strong>Institut</strong>ionen Anstöße zu e<strong>in</strong>er positiveren Entwicklung<br />

zu erhalten, sollte man aus zwei Gründen nicht vorschnell an Formen von<br />

<strong>Zwang</strong> anknüpfen, wie wir sie aus dem Kontext <strong>der</strong> Familienerziehung<br />

kennen gelernt haben.<br />

Erstens muss man erkennen, dass <strong>der</strong> günstigste Zeitraum <strong>für</strong> die mit<br />

<strong>Zwang</strong> verb<strong>und</strong>enen Lernprozesse mit spätestens sechs bis acht Jahren<br />

abgeschlossen ist. Was früh nicht gelernt wurde, lässt sich später nicht e<strong>in</strong>fach<br />

nachholen. In späteren Lebensphasen werden die basalen <strong>Zwang</strong>serfahrungen<br />

vom Individuum an<strong>der</strong>s erlebt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>s verarbeitet, als<br />

wenn sie dem Individuen <strong>in</strong> früheren Lebensphasen begegnen. E<strong>in</strong> 15-Jähriger<br />

mag sich unbeherrscht <strong>und</strong> impulsgesteuert wie e<strong>in</strong> 3-Jähriger verhalten,<br />

aber auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Größe <strong>und</strong> Stärke wird man ihn nicht mehr<br />

mit Formen von körperlichem <strong>Zwang</strong> begegnen können. Unternimmt<br />

man es trotzdem, muss man damit rechnen, dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Erleben –<br />

durchaus altersangemessen – die Demütigung über den verlorenen Kampf<br />

im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht <strong>und</strong> ihm die möglichen positiven Aspekte <strong>der</strong> Begrenzung<br />

durch <strong>Zwang</strong> kaum zugänglich s<strong>in</strong>d.

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