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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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<strong>Institut</strong>ionelle <strong>Zwang</strong>selemente <strong>in</strong> Heimgruppen<br />

3.2.2 <strong>Zwang</strong>, <strong>der</strong> die physische Überwältigung <strong>und</strong> den Transport<br />

gegen den eigenen Willen betrifft<br />

Dieses <strong>Zwang</strong>selement spielt bei den Spatzen <strong>und</strong> den Wellenbrechern <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit dem Auszeitraum e<strong>in</strong>e Rolle <strong>und</strong> wurde nur bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

zwischen acht <strong>und</strong> zwölf Jahren angewandt. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden <strong>in</strong> spezifischen<br />

Konfliktsituationen, die sich entwe<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e destruktive Weise<br />

wie<strong>der</strong>holen o<strong>der</strong> dazu führen, dass das K<strong>in</strong>d die Kontrolle über sich verliert<br />

bzw. an<strong>der</strong>e angreift, aufgefor<strong>der</strong>t, mit dem Pädagogen <strong>in</strong> den Auszeitraum<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zugehen. Ziel des Aufenthalts ist es, dass sich das wütende<br />

K<strong>in</strong>d beruhigt <strong>und</strong> <strong>der</strong> zugr<strong>und</strong>e liegende Konflikt geklärt werden kann.<br />

Wenn die K<strong>in</strong><strong>der</strong> das Mitkommen verweigern, erfolgt e<strong>in</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

totaler Zugriff auf den Körper des K<strong>in</strong>des, d. h. se<strong>in</strong>e Überwältigung.<br />

Häufig gehen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> bei den ersten Anzeichen des E<strong>in</strong>satzes von Körperkraft<br />

mit dem Pädagogen <strong>in</strong> den Raum; e<strong>in</strong>ige mussten aber auch unter<br />

heftiger Gegenwehr von zwei o<strong>der</strong> drei Erwachsenen <strong>in</strong> den Raum transportiert<br />

werden. In vier Fällen blieb es bei e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>maligen Episode. In<br />

drei an<strong>der</strong>en Fällen wurden K<strong>in</strong><strong>der</strong> häufiger <strong>in</strong> den Raum verbracht. In<br />

drei Fällen konnten wir den Entwicklungsweg von <strong>der</strong> erzwungenen bis<br />

h<strong>in</strong> zur freiwilligen Nutzung des Raumes beobachten: Nach zwei, drei<br />

Überwältigungssituationen g<strong>in</strong>gen diese K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf Auffor<strong>der</strong>ung durch<br />

die Pädagogen alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Raum, noch später sogar aus eigener Initiative.<br />

Zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> diesen Fällen könnte man davon sprechen, dass <strong>der</strong><br />

Fremdzwang zu e<strong>in</strong>er Bildungsbewegung geführt hat, die dem K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>en<br />

größeren Verhaltensspielraum <strong>und</strong> mehr Selbstkontrolle e<strong>in</strong>gebracht hat.<br />

Dass es sich bei <strong>der</strong> Verbr<strong>in</strong>gung des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> den Auszeitraum gegen<br />

se<strong>in</strong>en Willen um <strong>Zwang</strong> handelt, ist klar. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben auf Gr<strong>und</strong> ihrer<br />

körperlichen Statur ke<strong>in</strong>e Chance, sich gegen die Erwachsenen durchzusetzen.<br />

E<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Auszeitraum verbracht, beruhigen sich die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

relativ schnell. Der Aufenthalt dauert selten länger als 20 M<strong>in</strong>uten; meist<br />

f<strong>in</strong>det schon im Auszeitraum e<strong>in</strong> Gespräch statt, das den weiteren Verlauf<br />

des Tages <strong>und</strong> damit die Rückkehr des K<strong>in</strong>des auf die Gruppe vorbereitet<br />

bzw. klärt. Später wird die Situation, die zur Auszeit geführt hat, noch e<strong>in</strong>mal<br />

durchgesprochen, <strong>und</strong> die diesbezüglichen Aussagen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden<br />

protokolliert.<br />

Dieses <strong>Zwang</strong>selement wurde von den meisten <strong>der</strong> befragten K<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />

sowohl denen, die dem <strong>Zwang</strong> ausgesetzt waren, als auch denen, die ihn<br />

beobachtet hatten, gut geheißen. Das Vorhandense<strong>in</strong> des Raumes als Teil<br />

<strong>der</strong> Wohnsituation erweckt nach unseren Befragungsergebnissen kaum<br />

Angst bei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Bei e<strong>in</strong>igen ist die Maßnahme schambesetzt (am<br />

deutlichsten bei e<strong>in</strong>em Mädchen), bei an<strong>der</strong>en stellt er e<strong>in</strong>e unangenehme,<br />

aber ke<strong>in</strong>eswegs traumatisierende Er<strong>in</strong>nerung dar.<br />

Trotz <strong>der</strong> Entwicklungsmöglichkeit vom Fremdzwang zur Selbstkon-<br />

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