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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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<strong>Zwang</strong>smomente <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familienerziehung<br />

ziehen zu können. Der Vater greift nach ihm, aber Hannes entw<strong>in</strong>det sich<br />

ihm <strong>und</strong> läuft weg. Es sche<strong>in</strong>t, dass er das E<strong>in</strong>greifen des Vaters als e<strong>in</strong>e<br />

Fortsetzung des Spiels auf e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Ebene sieht, denn er ruft: „Fang<br />

mich doch!“ Dabei blitzen se<strong>in</strong>e Augen herausfor<strong>der</strong>nd, zum<strong>in</strong>dest erlebt<br />

<strong>der</strong> Vater das so. Der Vater hat ihn mit zwei Schritten e<strong>in</strong>geholt <strong>und</strong> hält<br />

Hannes an beiden Oberarmen fest. Hannes wehrt sich gegen den Zugriff<br />

des Vaters. Se<strong>in</strong> ganzer Körper bäumt sich auf <strong>und</strong> stemmt sich dem Vater<br />

entgegen, mit se<strong>in</strong>en Händen fuchtelt er relativ unkontrolliert durch die<br />

Gegend. E<strong>in</strong>mal tritt er auch mit dem Fuß nach dem Be<strong>in</strong> des Vaters. Der<br />

Vater zw<strong>in</strong>gt ihn mit se<strong>in</strong>em Griff auf den Boden, so dass beide – Vater<br />

<strong>und</strong> Sohn – vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> knien. Der Vater hält Hannes, <strong>der</strong> sich weiter<br />

wehrt, fest, schaut ihn direkt an <strong>und</strong> sagt: „Hannes, jetzt ist wirklich<br />

Schluss. Ist das klar?“<br />

Hannes ruft trotzig <strong>und</strong> mit abgewandtem Kopf: „Nee!“ Der Vater verstärkt<br />

den Griff an den Armen des Sohnes <strong>und</strong> spricht Wort <strong>für</strong> Wort:<br />

„Jetzt – ist – Schluss!“ Die Stimmung bei Hannes schlägt um, se<strong>in</strong> Körper<br />

wird schlaff, er wendet se<strong>in</strong> Gesicht noch weiter ab. Er schaut beleidigt,<br />

Tränen schimmern <strong>in</strong> den Augen. Der Vater lässt ihn los. Hannes rollt sich<br />

zur Seite <strong>in</strong> den Schutz e<strong>in</strong>es Sofas <strong>und</strong> sagt: „Blö<strong>der</strong> Papa, Arschloch“.<br />

Der Vater hört die Beleidigung <strong>und</strong> lässt sie unkommentiert stehen. Er beg<strong>in</strong>nt,<br />

Sofas gerade zu rücken, hebt die Blumenvase auf <strong>und</strong> geht <strong>in</strong> die<br />

Küche. Nach wenigen M<strong>in</strong>uten kommt er wie<strong>der</strong> mit dem Mittagessen.<br />

Hannes liegt noch immer im Schutz des Sofas. Der Vater geht zu ihm h<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> sagt fre<strong>und</strong>lich: „Hannes, komm jetzt ist gut!“ Der jüngere Sohn <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Vater beg<strong>in</strong>nen, zu essen. Der jüngere Sohn ruft noch e<strong>in</strong>mal nach<br />

Hannes. Nach kurzer Zeit kommt Hannes an den Tisch <strong>und</strong> beg<strong>in</strong>nt, zu<br />

essen. Anfangs zeigt er sich noch beleidigt, langsam entspannt sich die<br />

Stimmung <strong>und</strong> am Nachmittag gehen alle drei geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong>s Schwimmbad,<br />

wo sie e<strong>in</strong>en schönen Nachmittag verbr<strong>in</strong>gen.<br />

Was hat <strong>der</strong> Vater getan?<br />

Viele <strong>der</strong> Elemente aus dem ersten Beispiel wie<strong>der</strong>holen sich hier wie z.B.<br />

die erfolglose verbale Begrenzung, welcher <strong>der</strong> physische <strong>Zwang</strong> nachfolgt,<br />

o<strong>der</strong> die Komb<strong>in</strong>ation aus körperlicher Begrenzung <strong>und</strong> räumlicher<br />

Kontrolle, die <strong>der</strong> Vater ausübt. Betonen möchte ich zwei neue Elemente:<br />

y Zur Durchsetzung se<strong>in</strong>es Willens muss <strong>der</strong> Vater Kraft aufbieten, <strong>und</strong><br />

zwar stufenweise mehr <strong>und</strong> mehr, weil <strong>der</strong> Sohn nicht hört. So gerät<br />

er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en körperlichen Kampf mit se<strong>in</strong>em Sohn. Von <strong>der</strong> Dynamik her<br />

handelt es sich um e<strong>in</strong>e Eskalation, die auch auf <strong>der</strong> Seite des Vaters<br />

mit Erregung <strong>und</strong> Ärger, wenn nicht sogar Wut verb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong> dürfte.<br />

Beide spornen den Vater dabei an, sich durchzusetzen; zugleich<br />

muss er aber auch se<strong>in</strong>e eigenen Gefühle <strong>und</strong> Handlungen kontrollie-<br />

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