Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Mathias Schwabe <strong>und</strong> David Vust<br />
Machtmittel an die Hand zu geben, das ihnen immer wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Machtüberhang <strong>in</strong> Bezug auf das K<strong>in</strong>d gewährt (Wolf 1999). Dem K<strong>in</strong>d<br />
kommt <strong>der</strong> Auszeitraum <strong>in</strong> sofern zu Gute, als dieser e<strong>in</strong>e Verlegung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>richtung o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />
vermeidet <strong>und</strong> das K<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> Beziehungskont<strong>in</strong>uität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe<br />
<strong>und</strong> mit den Mitarbeitern profitieren kann.<br />
2. Für Mitarbeiter stellen die geplanten Auszeitnutzungen e<strong>in</strong> klares<br />
Konzept <strong>für</strong> das eigene pädagogische Verhalten <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong> Orientierungsmittel<br />
<strong>in</strong> schwierigen Situationen zur Verfügung. Um diese<br />
Qualität zu erlangen, muss das <strong>in</strong>dividuelle Auszeitkonzept im Team,<br />
mit <strong>der</strong> Leitung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiater entwickelt<br />
<strong>und</strong> schriftlich fixiert werden, bevor es zum E<strong>in</strong>satz kommt. In die<br />
Erarbeitung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen Auszeitkonzeptes fließen demnach<br />
Elemente des Fallverstehens, <strong>der</strong> k<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen<br />
Diagnostik, <strong>der</strong> Hilfeplanung, aber auch <strong>der</strong> Alltagsstrukturierung <strong>und</strong><br />
Konflikt<strong>in</strong>tervention e<strong>in</strong>. Insofern handelt es sich um e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven<br />
Prozess, <strong>in</strong> dem Menschen verschiedener Hierarchieebenen <strong>und</strong> Professionen<br />
Wissen austauschen <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage dieser vertieften<br />
Wissensbasis Handlungsrichtl<strong>in</strong>ien erarbeiten, die sie geme<strong>in</strong>sam<br />
verantworten. Die Mitarbeiter können sich darauf verlassen, dass ihre<br />
Interventionen, auch die mit <strong>Zwang</strong> verb<strong>und</strong>enen, von allen Beteiligten<br />
mitgetragen, aber auch kontrolliert werden. Insofern beför<strong>der</strong>t<br />
die Auszeitraumnutzung Transparenz, Klarheit <strong>und</strong> Mut zur Intervention,<br />
die sicher auch auf an<strong>der</strong>en Wegen erreichbar wären, über die<br />
Auszeitraumnutzung aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er strukturierten Weise geschehen.<br />
3. Auszeitraumnutzungen bieten, wie wir <strong>in</strong> den untersuchten Fällen<br />
gesehen haben, durchaus die Chance, aggressives Verhalten e<strong>in</strong>zudämmen.<br />
Ob es sich dabei um e<strong>in</strong>en kurzfristigen Anpassungs- o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>en nachhaltigen Lernprozess handelt, muss <strong>in</strong> den hier geschil<strong>der</strong>ten<br />
Fällen offen bleiben <strong>und</strong> wird nur aus dem Abstand von Jahren<br />
heraus beurteilt werden können. Immerh<strong>in</strong> gab es bei e<strong>in</strong>igen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
e<strong>in</strong>e Bewegung, die im Lauf mehrerer Monate von Fremdzwang zu<br />
Selbstkontrolle weist. Dennoch müssen wir davor warnen, den Raum<br />
an sich zu überschätzen: Die Auszeitraumnutzung sollte als e<strong>in</strong> Teil<br />
e<strong>in</strong>er umfassenden Hilfeplanung betrachtet werden, die auch, vielleicht<br />
sogar vor allem, an<strong>der</strong>e pädagogische <strong>und</strong> therapeutische<br />
Methoden <strong>für</strong> die Weiterentwicklung e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des nutzt. So ist es<br />
z. B. bei aggressiven K<strong>in</strong><strong>der</strong>n wichtig, ihnen angemessene <strong>und</strong> legitime<br />
Formen aufzuzeigen <strong>und</strong> anzubieten, <strong>in</strong> denen sie Wut- <strong>und</strong> Hassgefühle<br />
äußern <strong>und</strong> nach <strong>und</strong> nach transformieren können.<br />
4. <strong>Heimerziehung</strong> f<strong>in</strong>det als Erziehung E<strong>in</strong>zelner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe von<br />
an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n statt. Mit dem Mittel des Auszeitraumes kann man<br />
den Bedürfnissen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach Sicherheit <strong>und</strong> Schutz<br />
Rechnung tragen. Sie selbst bzw. ihr Eigentum werden von e<strong>in</strong>em<br />
K<strong>in</strong>d, das sich fremdaggressiv verhält, geschützt, weil die Mitarbeiter