Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

Institutionelle Zwangselemente in Heimgruppen
den und zu einer verzerrten Wahrnehmung solcher Situationen führen, die
man aber nicht einfach als falsch abtun darf.
Auf der Seite der Mitarbeiter geht es darum, einige wenige Basisregeln
im Binnenraum durchzusetzen, notfalls eben auch mit körperlichem
Zwang, damit diese nicht immer wieder neu ausgetestet werden müssen.
Dabei hatten die Mitarbeiter immer wieder den Eindruck, in einen nachgeholten
Kampf um Anerkennung verwickelt zu werden und diesem nicht
ausweichen zu dürfen. Auffällig war, dass es zu dieser Art von Kämpfen
nur zwischen den männlichen Jugendlichen und den männlichen Mitarbeitern
kam. Die einzige in der Gruppe tätige Frau wurde in ihrer und der
Wahrnehmung der anderen nicht in solche Konflikte verwickelt.
Als Externe haben wir Step by Step empfohlen, jeden Einsatz von Körperkraft
zu dokumentieren und so transparent wie möglich zu behandeln.
Der davon betroffene Jugendliche sollte anschließend die Chance bekommen,
dazu Stellung zu nehmen; er muss Zugang zu einem niedrigschwelligen
Beschwerdeverfahren bekommen, d. h. zu einer erwachsenen Person
außerhalb der Gruppe, die sich um diesen Fall von Gewalt kümmert.
Gleichzeitig müssen Jugendamt und Eltern von dem Vorfall informiert
werden, und eine Nachbereitungssitzung muss anberaumt werden, in der
der Jugendliche seine Sicht des Vorfalls darstellen kann. Der Jugendliche
soll erleben, dass der Körpereinsatz von Seiten der Institution mit Vorsicht
behandelt und keinesfalls als selbstverständlich übergangen wird. Er muss
dabei aber auch auf seine Konfliktanteile hingewiesen werden bzw. damit
konfrontiert werden, dass er vorher viele Aufforderungen erhalten hat,
etwas bestimmtes zu tun, und der Körpereinsatz angekündigt wurde
(Schwabe 2001a).
Alle denkbaren Einsätze von körperlichem Zwang gegenüber Jugendlichen
sollten möglichst im Vorfeld der Aufnahme und/oder im Rahmen des
Hilfeplangespräches mit allen Beteiligten vorbesprochen werden. Der Jugendliche
soll sehen, dass seine Eltern bzw. das Jugendamt z. B. der Maßnahme,
aus dem Haus getragen zu werden oder dem Wegnehmen der Bettdecke
am Morgen für eine befristete Zeit oder bezogen auf eine bestimmte
Häufigkeit ausdrücklich zustimmen. Die Heimmitarbeiter sollten sich in
erster Linie als verlängerter bzw. beauftragter Arm anderer verstehen und
so weit wie möglich aus der Dynamik des persönlichen Machtkampfes
aussteigen.
3.2.3 Zwang, der die eigene Bewegungsfreiheit einschränkt
Bei den Gruppen Step by Step und Wellenbrecher wird das Haus zu bestimmten
Zeiten abgeschlossen: während der internen Beschulung am
Vormittag (ca. drei Stunden), während der Mittagsruhe (ca. eine Stunde),
während des Abendessens bzw. der Tagesreflexion und während der
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