Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe, Thomas Evers und David Vust
fängnis einigermaßen monoton und langweilig, die bisher gewohnten Ablenkungen
des Lebens in Freiheit entfallen. Angesichts des Stumpfsinns in
der Zelle erscheinen Arbeitsmöglichkeiten, Unterricht und Ausbildungslehrgänge
geradezu attraktiv und können von der Gruppen- oder Gefängnisleitung
häufig sogar als Belohnungen eingesetzt werden, die man sich
verdienen muss (Matt 2003, 495). Schließlich können Privilegien und Belohnungen,
die der Jugendliche sich „draußen“ selbst aneignen kann – legal
oder illegal – im Schutz der Mauern von den dazu Ermächtigten kontrolliert
vergeben werden: Nur wer sich entsprechend bemüht hat und das
erwünschte Verhalten zeigt, bekommt z. B. Ausgang bzw. den Status eines
Freigängers, darf an Ausflügen teilnehmen oder erhält Zugang zu Computern
und Internet etc. Insofern sind die jungen Menschen auf die günstige
Beurteilungen durch Erwachsene angewiesen, ob diese nun durch Punkteprogramme
objektiviert oder durch schriftliche Empfehlungen an die Gefängnisleitung
organisiert werden. Solche Beurteilungen anderer blieben in
ihrem bisherigen Leben häufig ohne Konsequenzen, nun müssen sich die
Jugendlichen mit ihnen auseinandersetzen.
Allerdings bedrohen die Bedingungen von Freiheitsentzug, die Erziehung
ermöglichen können, zugleich auch deren Ergebnisse. Denn alles,
was im Gefängnis oder in GU gelernt wird, vollzieht sich in einem hoch
künstlichen Arrangement, einer eigenen und separaten Welt, die wenig mit
der realen Welt draußen zu tun hat. Was man in und für diese künstliche
Welt gelernt hat, muss man keineswegs automatisch oder vollständig auf
das spätere Leben in Freiheit übertragen können. Entweder sind die Unterschiede
zwischen beiden Welten zu groß, so dass sich handfeste Transfer-Probleme
ergeben. Oder aber man will es gar nicht. Schließlich fand
das Lernen in einem Zwangsrahmen statt, weswegen Lernprozess und
Lernergebnisse häufig mit untergründigen Ressentiments behaftet sind.
Alles in Unfreiheit Gelernte kann schon im Moment der Rezeption oder
auch erst, nachdem man die Einrichtung wieder verlassen hat, als notwendige
strategische Anpassung definiert und sehr rasch wieder vergessen
werden (Matt 2003, 496).
Freilich muss das nicht so sein: Das Mitmachen bei einem Trainingskurs
aus Langeweile oder, weil man sich davon Vergünstigungen erhofft, kann
irgendwann zu einer eigenständigen Lernmotivation führen, wenn man
bemerkt, dass der Stoff auch eigene Interessen berührt. Auf eine erste strategische
Anpassungsleistung im Rahmen eines Punkteprogramms kann
über neue, positive Erfahrungen, die man mit dem veränderten Verhalten
macht, durchaus so etwas wie eine spätere Internalisierung erfolgen. Und
auch in einem von Pädagogen erzwungenen Konflikt bzw. dessen Klärung
kann man sich persönlich und nachdrücklich angesprochen fühlen, sofern
man mit Respekt und Fairness behandelt wurde.
Erziehung lebt an vielen Orten und in vieler Hinsicht davon, dass Lern-