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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe, Thomas Evers <strong>und</strong> David Vust<br />

y erstens, dass <strong>der</strong> Gezwungene zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>mal die tatsächliche Anwendung<br />

von <strong>Zwang</strong> erlebt hat, sich also vorstellen kann, wie es sich anfühlt;<br />

y zweitens, dass er dem Zw<strong>in</strong>genden zutraut, das von ihm Angedrohte<br />

auch tatsächlich umzusetzen.<br />

Fehlt e<strong>in</strong>e dieser beiden Voraussetzungen, wird <strong>der</strong> von <strong>Zwang</strong> Bedrohte<br />

sich nicht bee<strong>in</strong>drucken lassen <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Verhalten fortsetzen. Schon an<br />

dieser Stelle wird deutlich, wie ungenau <strong>der</strong> Begriff <strong>Zwang</strong> ist bzw. welche<br />

unterschiedlichen Phänomene damit verb<strong>und</strong>en werden: Der bereits<br />

Überwältigte <strong>und</strong> mit physischem <strong>Zwang</strong> Festgehaltene hat ke<strong>in</strong>en Entscheidungsspielraum.<br />

Er wird direkt <strong>und</strong> unmittelbar geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t zu tun,<br />

was er möchte. Der mit physischem o<strong>der</strong> psychischem <strong>Zwang</strong> Bedrohte<br />

dagegen, kann sich <strong>für</strong> das Nachgeben o<strong>der</strong> das weitere Festhalten an se<strong>in</strong>em<br />

Willen entscheiden. Noch ist die unmittelbare <strong>Zwang</strong>sanwendung<br />

nicht e<strong>in</strong>getreten. Wie hoch die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit da<strong>für</strong> auch se<strong>in</strong> mag,<br />

e<strong>in</strong>e Restunsicherheit bleibt, ob sich die Androhung von <strong>Zwang</strong> nicht als<br />

„hohl“ erweist. So verbleibt dem Gezwungenen die Qual <strong>der</strong> Wahl, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

beide Optionen <strong>in</strong> hohem Maße unbefriedigend s<strong>in</strong>d: Aufgabe des eigenen<br />

Willens o<strong>der</strong> Inkaufnahme von wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>tretenden, höchst unangenehmen<br />

Konsequenzen, die im Verlust <strong>der</strong> körperlichen Bewegungsfreiheit<br />

o<strong>der</strong> von existenziell bedeutsamen Sicherheiten bestehen können.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Wahlmöglichkeit bezeichnen wir diese Form als mittelbaren<br />

<strong>Zwang</strong>.<br />

<strong>Zwang</strong> kann sowohl <strong>in</strong> privaten als auch <strong>in</strong> öffentlichen o<strong>der</strong> staatlichen<br />

Beziehungen zum E<strong>in</strong>satz kommen. Das staatliche Gewaltmonopol besteht<br />

im Gr<strong>und</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Monopol <strong>für</strong> die Anwendung von <strong>Zwang</strong>: Polizisten<br />

„dürfen“ e<strong>in</strong>en Menschen überwältigen <strong>und</strong> abtransportieren, <strong>der</strong><br />

sich z. B. <strong>der</strong> gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat, o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> Auto mit Hilfe von Straßensperren zum Halten zw<strong>in</strong>gen, wenn sich<br />

dessen Fahrer e<strong>in</strong>er Kontrolle entzogen hat. Jede Anwendung von <strong>Zwang</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit sollte durch Gesetze klar geregelt se<strong>in</strong>. Dennoch tun<br />

sich immer wie<strong>der</strong> Lücken auf, wie z. B. jüngst bei <strong>der</strong> Debatte um die<br />

zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln an Drogen-Dealer deutlich<br />

wurde. Über weite Strecken ist jedes Individuum im Rahmen des Rechtsstaates<br />

vor willkürlich angewandtem <strong>Zwang</strong> geschützt, zum<strong>in</strong>dest vor den<br />

Formen körperlichen <strong>Zwang</strong>s.<br />

Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Gesetze lassen sich legale von illegalen Formen<br />

von <strong>Zwang</strong> unterscheiden: Delikte, die mit körperlichem <strong>Zwang</strong> <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

stehen, s<strong>in</strong>d z. B. Versuche, jemanden mit Hilfe <strong>der</strong> eigenen<br />

Körperkraft o<strong>der</strong> durch das Vorzeigen o<strong>der</strong> Anwenden von Waffen zu bestimmten<br />

Handlungen zu zw<strong>in</strong>gen (so etwa bei e<strong>in</strong>er Vergewaltigung,<br />

beim Raub o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erpressung im Rahmen e<strong>in</strong>er Entführung). Diese For-

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