Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Anhang<br />
E<strong>in</strong>richtung, die <strong>Zwang</strong>selemente vorsieht, die Biographie des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong><br />
Bezug auf voran gegangene, u. U. traumatische <strong>Zwang</strong>serfahrungen abklären.<br />
Ebenso wichtig ist es, mit den Eltern, dem Jugendamt <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
abgebenden E<strong>in</strong>richtung zu klären, ob die Anwendung von konsequentem<br />
Druck <strong>und</strong> <strong>Zwang</strong> <strong>für</strong> dieses K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> neues Muster darstellt, das es<br />
bisher wenig o<strong>der</strong> gar nicht erlebt hat, o<strong>der</strong> diese Anwendung etwas<br />
fortsetzt, was bisher mit o<strong>der</strong> ohne Erfolg praktiziert wurde. Diese<br />
Vorab<strong>in</strong>formationen bzw. -e<strong>in</strong>schätzungen s<strong>in</strong>d Teil des Aufnahmeverfahrens.<br />
Sie müssen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nach <strong>der</strong> Aufnahme vertieft werden.<br />
2. Der Gezwungene weiß <strong>und</strong> erlebt, dass <strong>der</strong> unmittelbar Zw<strong>in</strong>gende<br />
von an<strong>der</strong>en Personen, z. B. von Angehörigen o<strong>der</strong> offiziell befugten<br />
<strong>Institut</strong>ionen, zur Ausübung von <strong>Zwang</strong> bemächtigt wurde. H<strong>in</strong>ter den<br />
vom K<strong>in</strong>d/Jugendlichen erlebten <strong>Zwang</strong>selementen steht e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />
Entscheidung <strong>der</strong> verantwortlichen Erwachsenen, die <strong>für</strong> das<br />
K<strong>in</strong>d/den Jugendlichen sichtbar <strong>und</strong> greifbar s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Regel ist <strong>der</strong><br />
geeignete Ort <strong>für</strong> das Erwägen von <strong>Zwang</strong>selementen das Hilfeplangespräch<br />
nach § 36 SGB VIII, zu dem mehrere Fachkräfte h<strong>in</strong>zugezogen<br />
werden können. Zur Formulierung e<strong>in</strong>es Auftrags gehören normalerweise<br />
e<strong>in</strong>e Zielbestimmung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e zeitliche Befristung <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong>selemente.<br />
3. Der Gezwungene kann nach Abkl<strong>in</strong>gen von Wut <strong>und</strong> Erregung erkennen,<br />
dass <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> aus Verantwortung gegenüber se<strong>in</strong>er Person<br />
<strong>und</strong> Interesse an se<strong>in</strong>em Leben ausgeübt wird. Der Gezwungene muss<br />
nicht denken, die Anwendung von <strong>Zwang</strong> sei willkürlich erfolgt, um<br />
ihn zu demütigen o<strong>der</strong> um se<strong>in</strong>en Willen zu brechen. Das setzt voraus,<br />
dass <strong>der</strong> Gezwungene die Motive des Zw<strong>in</strong>genden kennt bzw. dass ihm<br />
nachvollziehbar ist, aus welchen Gründen dieser <strong>Zwang</strong> e<strong>in</strong>setzt.<br />
4. Der Gezwungene kann das, zu dem er gezwungen wurde, nachträglich<br />
als vernünftig e<strong>in</strong>schätzen o<strong>der</strong> dar<strong>in</strong> aktuell etwas Vernünftiges erkennen,<br />
das er selbst auch angestrebt hat o<strong>der</strong> anstreben würde, wenn er<br />
sich besser kontrollieren könnte. Der Prozess des Anerkennens e<strong>in</strong>er<br />
Sache als vernünftig sollte spätestens zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Entlassung<br />
bzw. Nachbefragung e<strong>in</strong>gesetzt haben. Es muss nicht e<strong>in</strong>schließen, dass<br />
<strong>der</strong> Jugendliche den <strong>Zwang</strong>, die Methode, das Vernünftige zu erreichen,<br />
billigen kann. Mehr als e<strong>in</strong>e ambivalente Haltung gegenüber <strong>Zwang</strong> darf<br />
man von e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d/Jugendlichen nicht erwarten. Ausdrückliche,<br />
nachträgliche Legitimationen durch das K<strong>in</strong>d/den Jugendlichen s<strong>in</strong>d<br />
we<strong>der</strong> s<strong>in</strong>nvoll noch notwendig. <strong>Zwang</strong> muss von den Erwachsenen<br />
verantwortet werden. Er kann nicht durch die Aussage e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des legitimiert<br />
werden.<br />
5. Die Absicht, <strong>Zwang</strong> auszuüben, ist offen gelegt <strong>und</strong> wird von den<br />
verantwortlichen Personen <strong>in</strong> transparenter Weise vertreten. <strong>Zwang</strong><br />
wird we<strong>der</strong> <strong>in</strong> verdeckter Weise praktiziert noch wird die Ausübung