Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe und David Vust
ist, solange kein Klärungsprozess darüber stattgefunden hat, was man
bzw. wen man mit diesem Raum genau erreichen will und welche fachlichen
Grundlagen man dafür bemüht, aber auch zur Kontrolle der eigenen
Praxis verwenden möchte. Auf die immense Bedeutung solcher
Klärungsprozesse wurde bereits weiter oben hingewiesen.
4.3 Das Grünauer Konzept
Für die Erstellung einer schriftlichen Konzeption bedarf es eines Diskussions-
und Klärungsprozess mit allen Beteiligten und auf allen Hierarchieebenen.
Einen solchen Prozess der fachlichen Selbst- und Fremdklärung,
bezogen auf die Einrichtung und Nutzung eines Auszeitraumes, haben die
heilpädagogische Einrichtung Grünau-Heidequell im evangelischen Johanneswerk
und das Landesjugendamt Westfalen-Lippe in einem mehrjährigen
Prozess geleistet und zum Abschluss gebracht. Im Mittelpunkt
stand dabei die Intensivgruppe Die Spatzen, die Kinder im Alter von sechs
bis zwölf Jahren betreut. Die Mehrzahl der Kinder stammt aus hoch belasteten
Familien und hat beinahe durchgehend Formen von körperlicher
Misshandlung und/oder sexuellem Missbrauch erlebt oder beobachtet.
Zu Beginn der konzeptionellen Arbeit war man sich alles andere als
einig. Pädagogischer Bedarf, der von Einzelfällen ausging und mit intensiven,
zum Teil schmerzlichen Erlebnissen für die Mitarbeiter gekoppelt
war, prallte auf generelle pädagogische Überlegungen, bürokratische Erfordernisse
und politische Bedenken. Im Lauf der Jahre ist es gelungen, die
Standpunkte einander anzunähern und die kritischen Fragen zu klären.
Wichtig war die Erteilung der Betriebsgenehmigung auf Probe zu einem
Zeitpunkt, zu dem es auch noch offene Fragen gab. Dies war möglich, weil
auch die Mitarbeiter des Landesjugendamtes erleben konnten, dass die
Einrichtung ihre Praxis vorbehaltlos offen legte und weiter an einer Fortentwicklung
des ersten Konzeptionsentwurfes interessiert war. Als Eckpunke
dieses Konzeptes wurden ausgehandelt:
1. Bandbreite der Interventionen: Der Auszeitraum der Spatzen dient der
Unterbrechung von Verhaltensmustern mit Begleitung des Pädagogen
in den Raum und mit Isolierung (Time out). Die Interventionsform
Präventive Eskalation wird als Variante der Verhaltensmusterunterbrechung
mit Begleitung betrachtet und kann dort ebenfalls stattfinden.
Der Raum ist nicht für Krisenintervention vorgesehen. Im Einzelfall
kann sie aber auch in diesem Raum geleistet werden. Auch ein
solcher Fall muss dem Landesjugendamt gemeldet werden. Spätestens
wenn ein Kind zum zweiten Mal für eine Krisenintervention gemeldet
wird, muss die Einrichtung ein Hilfeplanungskonzept vorlegen,
das beschreibt, wie sie den Krisen präventiv begegnen wird.