Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Leitl<strong>in</strong>ien zur Anwendung von <strong>Zwang</strong> <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Erziehungshilfe<br />
von <strong>Zwang</strong> vertuscht o<strong>der</strong> verleugnet. Das bedeutet, dass <strong>Zwang</strong> außer<br />
<strong>in</strong> Notfällen zum Schutz vor akuter Selbst- <strong>und</strong> Fremdgefährdung nicht<br />
spontan, son<strong>der</strong>n geplant e<strong>in</strong>gesetzt wird. In <strong>der</strong> Jugendhilfe heißt die<br />
entsprechende Planungsr<strong>und</strong>e Hilfeplangespräch; dieses muss durch<br />
Gespräche <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erem Kreis fortgesetzt <strong>und</strong> vertieft werden. Damit<br />
Planungen möglich werden o<strong>der</strong> korrigiert werden können, müssen<br />
auch Alternativen zum <strong>Zwang</strong> ausprobiert <strong>und</strong> festgehalten werden.<br />
6. Der Gezwungene kann sich sicher se<strong>in</strong>, dass das Handeln des Zw<strong>in</strong>genden<br />
von e<strong>in</strong>er Instanz außerhalb <strong>der</strong> <strong>Institut</strong>ion beobachtet <strong>und</strong><br />
kontrolliert wird <strong>und</strong> diese die Interessen <strong>und</strong> Rechte des Gezwungenen<br />
im Blick hat. Dazu gehört e<strong>in</strong>e genaue Dokumentation <strong>der</strong> Situationen,<br />
<strong>in</strong> denen <strong>Zwang</strong> ausgeübt wird, unter Angabe von Dauer, Häufigkeit<br />
<strong>und</strong> Anlässen. Dazu gehört auch, dass <strong>der</strong> Gezwungene das<br />
Recht auf Beschwerde besitzt <strong>und</strong> die entsprechenden Verfahrenswege<br />
<strong>für</strong> ihn transparent <strong>und</strong> leicht zugänglich s<strong>in</strong>d. Die kontrollierende Instanz<br />
außerhalb <strong>der</strong> <strong>Institut</strong>ion kann das Landesjugendamt se<strong>in</strong>; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Fällen muss es das Landesjugendamt se<strong>in</strong>. Zusätzlich können Gremien<br />
e<strong>in</strong>berufen werden, welche die E<strong>in</strong>richtung regelmäßig besuchen,<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuelle Verfahrenspfleger bestellt werden.<br />
7. Der Zw<strong>in</strong>gende führt die Ausübung des <strong>Zwang</strong>s professionell aus. Er<br />
misst se<strong>in</strong> eigenes Handeln an Kriterien wie emotional kontrolliert, fair,<br />
gerecht <strong>und</strong> <strong>in</strong> Kontakt mit sich <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Gegenüber. Außerdem<br />
achtet er darauf, se<strong>in</strong> Gegenüber nicht zu demütigen. Zur professionellen<br />
Ausübung von <strong>Zwang</strong> müssen deswegen m<strong>in</strong>destens zwei Personen<br />
gehören, damit Rückmeldungen <strong>und</strong> Feedback über diese Kriterien<br />
überhaupt möglich werden.<br />
8. Es besteht die Möglichkeit, Situationen, <strong>in</strong> denen <strong>Zwang</strong> ausgeübt<br />
wurde, mit dem K<strong>in</strong>d/Jugendlichen nach zu besprechen. Dadurch soll<br />
allen Beteiligten klar werden, wie man <strong>in</strong> ähnlichen Situationen die Anwendung<br />
von <strong>Zwang</strong> künftig verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n könnte. Abmachungen können<br />
darüber getroffen werden, wie die Formen des <strong>Zwang</strong>s konkret<br />
aussehen sollen, d. h. welche <strong>für</strong> den Gezwungenen leichter anzunehmen<br />
s<strong>in</strong>d als an<strong>der</strong>e. <strong>Zwang</strong> <strong>und</strong> Partizipation müssen sich nicht ausschließen.<br />
Im Gegenteil: Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen sollten im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Konzeption so viele Wahlmöglichkeiten wie möglich erhalten.<br />
Die Patientenverfügungen aus dem Bereich <strong>der</strong> Psychiatrie weisen hier<br />
e<strong>in</strong>en guten Weg.<br />
9. Auf Seiten <strong>der</strong> verantwortlichen Personen wird reflektiert, ob es unerwünschte<br />
Nebenwirkungen von <strong>Zwang</strong> gibt, welche die Häufigkeit <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Anwendung von <strong>Zwang</strong> eher stabil erhalten o<strong>der</strong> gar häufiger erfor<strong>der</strong>lich<br />
machen.<br />
10. Der Gezwungene kann den unmittelbar Zw<strong>in</strong>genden auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Funktionen <strong>und</strong> Zusammenhängen erleben, die <strong>für</strong> den Gezwunge-<br />
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