Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Auszeiträume <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />
def<strong>in</strong>iert <strong>und</strong> ihm bekannt se<strong>in</strong>. Auch <strong>der</strong> Ablauf <strong>der</strong> Auszeit-Prozedur,<br />
die Anzahl <strong>und</strong> die Art <strong>der</strong> Ansage, die Art se<strong>in</strong>es Transportes etc. sollten<br />
mit ihm vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Intervention besprochen werden.<br />
Aber auch das reicht noch nicht aus: Zu e<strong>in</strong>er guten Hilfeplanung<br />
gehört, dass man sich vorher Gedanken darüber gemacht hat, ob dieses<br />
spezifische K<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>er solchen Maßnahme zu erreichen ist o<strong>der</strong><br />
nicht. E<strong>in</strong>e Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass es zum<strong>in</strong>dest potentiell <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage ist, se<strong>in</strong> eigenes Verhalten steuern zu können. Ebenso muss ausgeschlossen<br />
werden, dass dieses beson<strong>der</strong>e Fehlverhalten <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />
Art unverzichtbare Überlebensstrategie darstellt, die man ihm noch<br />
nicht o<strong>der</strong> nicht auf diese Weise wegnehmen kann. Man bedarf also e<strong>in</strong>es<br />
abgesicherten Bildes über den Entwicklungsstand des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong><br />
muss über e<strong>in</strong>e sozialpädagogische Diagnose o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest über e<strong>in</strong>ige<br />
Hypothesen zum Fallverstehen verfügen (Mollenhauer/Uhlendorff<br />
1998; Müller 2006). So könnte es z. B. se<strong>in</strong>, dass das K<strong>in</strong>d durch die Auszeit-Intervention<br />
zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt gegen die Pädagogen e<strong>in</strong>genommen<br />
wird, zu dem <strong>der</strong> Beziehungsaufbau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sensible Phase getreten<br />
ist. Denkbar wäre auch die Gefahr e<strong>in</strong>er Re-Traumatisierung, vor allem<br />
bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Heimen destruktive<br />
Erfahrungen mit <strong>Zwang</strong> gemacht haben. Das alles verweist darauf,<br />
dass vor dem E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> das Hilfeplangespräch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Prozess<br />
<strong>der</strong> fachlichen Reflexion stattgef<strong>und</strong>en haben muss, bevor man zu e<strong>in</strong>er<br />
solchen <strong>Zwang</strong>smaßnahme greifen darf.<br />
C) Auszeiträume zur Time-out-Prozedur. Auch die Time-out-Prozedur<br />
dient <strong>der</strong> Begrenzung von Verhalten, ist allerd<strong>in</strong>gs mit e<strong>in</strong>er kurzfristigen<br />
Isolierung des K<strong>in</strong>des verb<strong>und</strong>en, d. h. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit dem Abschließen<br />
des Raumes. Als fachliche Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> Time-out-Behandlungen werden<br />
die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Verhaltensmodifikation angeführt, die im Fall von<br />
Time-out <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bestrafungsreiz, <strong>der</strong> Isolierung, bestehen, <strong>der</strong> möglichst<br />
regelmäßig <strong>und</strong> gleichförmig mit dem unerwünschten Verhalten<br />
bzw. dem Entzug möglichst aller positiven Verstärker <strong>in</strong> Bezug auf dieses<br />
gekoppelt werden soll. Es geht demnach um e<strong>in</strong>en Prozess des Verlernens<br />
unerwünschter Verhaltensweisen. An<strong>der</strong>e Verhaltensstrategien,<br />
die an die Stelle des unerwünschten Verhaltens treten sollen, müssen<br />
parallel dazu e<strong>in</strong>geübt <strong>und</strong> eventuell positiv verstärkt werden (Bell<strong>in</strong>grath<br />
2001; Margraf 2000). Systematisches Time-out wurde <strong>und</strong> wird <strong>in</strong><br />
Deutschlang am häufigsten <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien angewandt.<br />
Nach e<strong>in</strong>er unsystematischen Telefonumfrage verfügten sieben<br />
von zwölf K<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien über e<strong>in</strong>en ausgewiesenen<br />
Time-out-Raum. In fünf von zwölf E<strong>in</strong>richtungen wurde er auch e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Verwun<strong>der</strong>lich ist, dass es dazu bisher kaum veröffentlichte empirische<br />
Forschungsstudien gibt (Fegert 2000; Fegert et al. 2001, 281ff;<br />
Jonikas et al. 2004; Kowerk 1990; Schmied/Ernst 1983).<br />
Im Unterschied zum klassischen verhaltenstherapeutischen <strong>und</strong> auch<br />
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