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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe <strong>und</strong> David Vust<br />

Der e<strong>in</strong>fachen E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Erziehungsschicksale <strong>in</strong> Bezug auf das Erleben<br />

von <strong>Zwang</strong> folgt lei<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e ebenso e<strong>in</strong>fache Empfehlung <strong>für</strong> die<br />

(Nach-)Erziehung dieser K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen. Geme<strong>in</strong>sam ist allen<br />

drei Gruppen, dass die öffentliche Erziehung beim Scheitern bzw. <strong>der</strong><br />

Fehlentwicklung <strong>der</strong> bisher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie praktizierten <strong>Zwang</strong>selemente<br />

e<strong>in</strong>setzt o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong>en Fehlen. Sie tritt damit unmittelbar e<strong>in</strong> thematisches<br />

„Erbe“ an, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familiensozialisation gr<strong>und</strong>gelegt wurde. Ob sie will<br />

o<strong>der</strong> nicht, gerät sie damit <strong>in</strong> den Bann e<strong>in</strong>es jeweils bestimmten Entwicklungsschicksals<br />

<strong>in</strong> Bezug auf <strong>Zwang</strong>. Das muss den E<strong>in</strong>richtungen klar<br />

se<strong>in</strong>. Fachlich ist es deswegen dr<strong>in</strong>gend geboten, dass sich die E<strong>in</strong>richtungen<br />

das <strong>in</strong>dividuelle Entwicklungsschicksal des K<strong>in</strong>des/Jugendlichen gerade<br />

im H<strong>in</strong>blick auf <strong>Zwang</strong> vergegenwärtigen <strong>und</strong> dieses zum Ausgangspunkt<br />

<strong>für</strong> ihre Praxis machen.<br />

Welche Verhaltensweisen kommen mit den drei Gruppen auf die E<strong>in</strong>richtungen<br />

zu? K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe B) verhalten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auch <strong>in</strong><br />

den Heimgruppen so grenzüberschreitend <strong>und</strong> <strong>und</strong>iszipl<strong>in</strong>iert, dass sie mit<br />

Verhaltensansprüchen konfrontiert <strong>und</strong> ihnen Grenzen gesetzt werden<br />

müssen. Wie gewohnt, versuchen sie, diese <strong>in</strong> Form von Manipulation <strong>und</strong><br />

Spaltung des Teams o<strong>der</strong> zwischen Elternhaus <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtung o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Form von offenem Wi<strong>der</strong>stand zu unterlaufen. Insofern ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Erziehungspraxis<br />

angemessen, welche die Beachtung <strong>der</strong> schon abgesteckten,<br />

aber ebenso rasch übertretenen Grenzen konsequent e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>t, aber diesen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n auch aufzeigt, welche erweiterten Spielräume sich <strong>für</strong> sie auftun,<br />

wenn sie den Regeln Beachtung schenken. Häufig werden sich diese<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> eher e<strong>in</strong>em Erzieher zuliebe anpassen, als dass sie den Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>sehen. Auch über den Weg <strong>der</strong> Identifikation kann gelernt<br />

werden. Überschreiten diese K<strong>in</strong><strong>der</strong> die Regeln aber weiter, sollte e<strong>in</strong><br />

spürbarer Druck aufgebaut werden, <strong>und</strong> das Brechen von Regeln muss mit<br />

Sanktionen belegt werden (Schwabe 1998). Zur Durchsetzung <strong>der</strong>selben<br />

können auch <strong>Zwang</strong>selemente s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, vor allem wenn man e<strong>in</strong>e Delegation<br />

<strong>für</strong> diese erhält. Die <strong>Zwang</strong>selemente können den <strong>in</strong> diesem Buch<br />

geschil<strong>der</strong>ten entsprechen, aber auch an<strong>der</strong>e Formen von <strong>Zwang</strong> be<strong>in</strong>halten.<br />

E<strong>in</strong>richtungen bzw. Gruppen, die e<strong>in</strong> solches Erziehungskonzept umsetzen,<br />

s<strong>in</strong>d ständig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefahr, entwe<strong>der</strong> zu rigide zu werden o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

ihrer Konsequenz zu erlahmen. Oft pendeln sie zwischen beiden Extremen.<br />

Deshalb s<strong>in</strong>d sie immer wie<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e distanzierte Außenperspektive<br />

angewiesen, die sie zu steter Selbstbeobachtung <strong>und</strong> Korrektur anhält.<br />

E<strong>in</strong>em Teil <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> wird dieser konsequente Erziehungsstil, <strong>der</strong><br />

gleichzeitig attraktive Angebote macht, aber auch Grenzsetzung <strong>und</strong> u. U.<br />

<strong>Zwang</strong>selemente e<strong>in</strong>führt, als e<strong>in</strong>e Form von Halt gut tun, so dass sie sich<br />

zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung <strong>und</strong> ihres Rahmens gut entwickeln.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Teil dieser K<strong>in</strong><strong>der</strong> erlebt die Verhaltensanfor<strong>der</strong>ungen seitens<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung jedoch als une<strong>in</strong>sehbare Zumutungen; sie werden sehr er-

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