Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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<strong>Institut</strong>ionelle <strong>Zwang</strong>selemente <strong>in</strong> Heimgruppen<br />
<strong>der</strong> eigenen Familie dar, gäbe es kaum e<strong>in</strong>en guten Gr<strong>und</strong>, dort h<strong>in</strong> zu<br />
kommen. Weil die Familie zentrale Momente <strong>der</strong> Erziehungsverantwortung<br />
nicht leisten kann, kommt das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>s Heim. Also darf es auch erwarten,<br />
dass es im Heim e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Art des Umgangs mit se<strong>in</strong>er Person<br />
begegnet. Für das K<strong>in</strong>d mit familiären <strong>Zwang</strong>serlebnissen wird deswegen<br />
die Frage wichtig se<strong>in</strong>, ob <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> im Heim e<strong>in</strong>e neue Qualität besitzt.<br />
Wird an diesem an<strong>der</strong>en Ort nur das alte Muster fortgesetzt, das aus<br />
Machtkampf, Überwältigung, Demütigung <strong>und</strong> Gewalt besteht (W<strong>in</strong>kler<br />
1988)? O<strong>der</strong> erlebt das K<strong>in</strong>d hier – auch im Zusammenhang mit <strong>Zwang</strong> –<br />
etwas Neues? Dies wird nur dann <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong>, wenn <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> im Heim<br />
fachlichen Richtl<strong>in</strong>ien unterliegt, also nachvollziehbarer, weniger aggressiv,<br />
reflektierter, transparenter erbracht wird als vorher. Außerdem ist es wichtig,<br />
dass dieser Unterschied e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n im Erleben des K<strong>in</strong>des darstellt.<br />
Rechtsstaatlichkeit, Transparenz <strong>und</strong> Reflexivität s<strong>in</strong>d unverzichtbare<br />
Strukturelemente je<strong>der</strong> öffentlichen Erziehung. Das gilt erste recht <strong>für</strong><br />
riskante Interventionsformen, wie sie mit den verschiedenen Formen<br />
von <strong>Zwang</strong> verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. <strong>Zwang</strong>selemente im Heim müssen sich an<br />
höheren <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Ansprüchen messen lassen als <strong>Zwang</strong>smomente <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Familie. Deswegen müssen Qualitätsstandards unter breiter Beteiligung<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter, aber auch <strong>der</strong> Leitungskräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Landesjugendämter<br />
entwickelt werden. (E<strong>in</strong> Beispiel <strong>für</strong> solche Standards ist im<br />
Anhang aufgeführt.)<br />
3.2 Welche Formen von <strong>Zwang</strong> wenden Heime an?<br />
In diesem Kapitel geht es darum, mit Hilfe <strong>der</strong> <strong>in</strong> Kap. 1 entwickelten<br />
Theorie die <strong>Zwang</strong>spraxen von Heimen zu untersuchen. Leitfragen dabei<br />
s<strong>in</strong>d: In welchen Formen <strong>und</strong> wie wird <strong>Zwang</strong> ausgeübt? Handelt es sich<br />
wirklich um <strong>Zwang</strong> o<strong>der</strong> nur um Druck o<strong>der</strong> noch etwas an<strong>der</strong>es, <strong>und</strong> wie<br />
kann man das begründen?<br />
Bei <strong>der</strong> Beantwortung dieser Frage stehen uns <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie drei<br />
Intensivgruppen zur Verfügung, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht<br />
<strong>Zwang</strong>selemente angewandt wurden. Diese Heime, die wir im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es Forschungsprojektes im Auftrag des Fachverbandes Evangelischer<br />
Erziehungshilfen <strong>in</strong> Westfalen (Eckart) <strong>und</strong> des M<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Generationen,<br />
Familie, Frauen <strong>und</strong> Integration <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen untersuchen<br />
konnten, s<strong>in</strong>d (Schwabe et al. 2005):<br />
y die Intensivgruppe Die Spatzen <strong>in</strong> Grünau-Heidequell, Träger: Johanneswerk<br />
Bielfeld,<br />
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