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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe<br />

wachsenen. Es hieße, diese Verantwortung zu leugnen, wollte man<br />

sich bei <strong>der</strong> Entscheidung, ob <strong>und</strong> welcher <strong>Zwang</strong> angemessen ist, von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n abhängig machen. Dennoch be<strong>in</strong>haltet je<strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> Gestaltungsvarianten,<br />

an denen auch das K<strong>in</strong>d mitwirken kann <strong>und</strong> sollte.<br />

10. Es gibt verschiedene Erziehungsfehler von Eltern <strong>und</strong> daraus resultierende<br />

Entwicklungsprobleme bei ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n: diejenigen,<br />

die durch zu wenig <strong>Zwang</strong> entstehen, <strong>und</strong> diejenigen, die auf zu<br />

viel <strong>Zwang</strong>, d. h. auf Gewalt, zurückzuführen s<strong>in</strong>d. Beide müssen ernst<br />

genommen werden. Den schrecklichen Folgen von Gewalt gegen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> stehen die an<strong>der</strong>s gelagerten dramatischen Konsequenzen<br />

gegenüber, die bei unerzogenen <strong>und</strong> zu wenig begrenzten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

beobachtet werden können, ohne dass man diese Schrecken gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

aufrechnen könnte. Beide Gruppen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n besitzen oft<br />

nicht die Voraussetzungen da<strong>für</strong>, an schulischen Bildungsprozessen<br />

teilzunehmen. Dadurch werden sie früh <strong>und</strong> dauerhaft <strong>in</strong> ihren schulischen<br />

Bildungskarrieren beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />

11. Für unterschiedliche Altersstufen <strong>und</strong> Situationen stehen verschiedene<br />

Formen von <strong>Zwang</strong> zu Verfügung. Erziehungspersonen sollten<br />

alle Formen von <strong>Zwang</strong> gekonnt anwenden. Dazu gehören <strong>der</strong> reflektierte<br />

Blick auf den günstigen Augenblick, das rechte Maß <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Risiken.<br />

12. Der Jugendhilfe kommt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe<br />

zu: Elterntra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramme o<strong>der</strong> Familienhelfer, die ausschließlich<br />

auf e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende Kontaktaufnahme <strong>und</strong> bestätigende<br />

Erziehungsformen wie Lob <strong>und</strong> Ermutigung fokussieren <strong>und</strong> die Anwendung<br />

von <strong>Zwang</strong> systematisch ausblenden, lassen Eltern mit<br />

schwierigen Erziehungssituationen alle<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> denen die Anwendung<br />

von <strong>Zwang</strong> helfen könnte. Sie tun so, als ob sich alle Konflikte über<br />

positive Kommunikationsformen lösen ließen <strong>und</strong> diskreditieren aus<br />

ideologischen Gründen die konstruktiven Formen von <strong>Zwang</strong>. Gerade<br />

bildungsferne <strong>und</strong> eher „ruppig“ erziehende Eltern könnten <strong>für</strong> Elternbildung<br />

besser gewonnen werden, wenn auch ihre körpernahen<br />

Formen, erziehen zu wollen, gewürdigt <strong>und</strong> aufgegriffen würden.<br />

Sicher müssten dabei auch die tatsächlichen <strong>und</strong> möglichen Entgleisungen<br />

mitthematisiert werden, aber eben auch die Produktivität<br />

von <strong>Zwang</strong>smomenten wie z. B. Festhalten <strong>in</strong> bestimmten Situationen.<br />

13. Auch die gekonnte Anwendung von <strong>Zwang</strong> führt nicht automatisch<br />

zu Bildungsimpulsen <strong>und</strong> Lernprozessen. Mit Hilfe von <strong>Zwang</strong> lassen<br />

sich oftmals nur momentane Lösungen e<strong>in</strong>es Konflikts erreichen, <strong>der</strong><br />

aber weiterh<strong>in</strong> virulent bleibt <strong>und</strong> auf an<strong>der</strong>en Ebenen gelöst werden<br />

muss. Mit <strong>Zwang</strong> s<strong>in</strong>d häufig nur kurzfristige Erfolge verb<strong>und</strong>en,<br />

wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen will. Von <strong>der</strong> Struktur

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