Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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<strong>Zwang</strong> im Rahmen von Hilfeprozessen<br />
nau beachtet werden <strong>und</strong> dürften im E<strong>in</strong>zelfall immer wie<strong>der</strong> schwer zu<br />
ziehen se<strong>in</strong> (Trotter 2001, 121ff).<br />
Ebenso leicht gerät <strong>der</strong> Helfer aber auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Gefahr: Er kann<br />
den <strong>Zwang</strong>skontext auch verleugnen <strong>und</strong> so tun, als bestünde zwischen<br />
ihm <strong>und</strong> dem Klienten e<strong>in</strong> egalitäres <strong>und</strong> ungezwungenes Verhältnis. Vor<br />
allem im Kontext <strong>der</strong> Jugendarbeit <strong>und</strong> Jugendgerichtshilfe gibt es immer<br />
wie<strong>der</strong> Helfer, die sich eher als Kumpel <strong>der</strong> Jugendlichen verstehen o<strong>der</strong><br />
gar als ihre parteilichen Anwälte <strong>und</strong> diese gegen die Ansprüche e<strong>in</strong>es verme<strong>in</strong>tlich<br />
repressiven <strong>und</strong> ungerechten Rechtsstaates beschützen möchten.<br />
Sie verheimlichen dann zum Beispiel das Nicht-Kommen <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
zu den Pflichtst<strong>und</strong>en o<strong>der</strong> unterschreiben Arbeitsst<strong>und</strong>en als abgeleistet,<br />
auch wenn <strong>der</strong> Jugendliche nicht da war o<strong>der</strong> nur sehr faul gearbeitet hat.<br />
Im Gr<strong>und</strong>e ist das e<strong>in</strong>e Haltung, die sich anmaßt, die eigene Beziehungsdef<strong>in</strong>ition<br />
über die vom Gericht angeordnete zu stellen; diese Maßlosigkeit<br />
bzw. Unfähigkeit, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en hierarchisch strukturierten Kontext zu<br />
stellen, korrespondiert häufig mit den dissozialen Tendenzen <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> verstärkt diese, auch wenn die Helfer dies nicht zu erkennen<br />
vermögen (He<strong>in</strong>emann et al. 1992; Stiels-Glenn 1997). Häufig kippt das<br />
kumpelhafte Verhältnis mit <strong>der</strong> Zeit aber auch um, wenn die Jugendlichen<br />
die ersten persönlichen Kränkungen an die Adresse <strong>der</strong> Helfer richten.<br />
Manchmal wird dabei sogar deutlich, dass die Jugendlichen die Helfer verachten,<br />
weil sie verstanden haben, dass die Erwachsenen vor allem Angst<br />
davor haben, sich ihnen gegenüber als Kontrolleure <strong>und</strong> Befehlsempfänger<br />
des Staates darzustellen. Der Wut <strong>und</strong> dem Hass, die e<strong>in</strong> solches Kontrollmandat<br />
auslösen kann, me<strong>in</strong>en sich die Helfer entziehen zu können, wenn<br />
sie diese Verhältnisse verschleiern. Oftmals erleben sie sich durch diese Art<br />
<strong>der</strong> Aufgabendef<strong>in</strong>ition be<strong>in</strong>ahe ebenso gekränkt wie die Jugendlichen.<br />
Aber genau diese Kränkung gilt es zu verarbeiten.<br />
Bei <strong>der</strong> Hilfe im <strong>Zwang</strong>skontext wendet <strong>der</strong> Helfer zwar ke<strong>in</strong>en <strong>Zwang</strong><br />
gegenüber dem Klienten an, aber <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> rahmt die Beziehung e<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
kann sie über weite Strecken prägen. In <strong>der</strong> bisherigen Diskussion <strong>in</strong>nerhalb<br />
<strong>der</strong> Sozialen Arbeit blieb offen, ob man nur die von e<strong>in</strong>er dritten Stelle<br />
tatsächlich angeordneten Hilfen als Hilfen im <strong>Zwang</strong>skontext bezeichnen<br />
soll o<strong>der</strong> auch diejenigen, die auf die bloße Androhung h<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e dritte<br />
Stelle e<strong>in</strong>zuschalten, e<strong>in</strong>gegangen wurden (Kähler 2005, 25ff <strong>und</strong> 57ff).<br />
Dies ist beispielsweise <strong>der</strong> Fall, wenn Jugendamtsmitarbeiter Eltern mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger deutlich mit dem Gang zum Richter gedroht haben, <strong>und</strong> diese<br />
sich deswegen auf e<strong>in</strong>e Familienhilfe e<strong>in</strong>gelassen haben. Man könnte<br />
sogar solche Hilfen als im <strong>Zwang</strong>skontext def<strong>in</strong>ieren, die auf die bloße<br />
Vermutung <strong>der</strong> Klienten h<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gegangen wurden, dass mit <strong>der</strong> Nicht-Annahme<br />
<strong>der</strong> angebotenen Hilfe Nachteile unklarer Art verb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong><br />
könnten. Beispielsweise wenn Eltern <strong>in</strong> die Beratung des schulpsychologischen<br />
Dienstes gehen, weil <strong>der</strong> Lehrer es empfohlen hat, selbst aber noch<br />
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