Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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<strong>Zwang</strong>smomente <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familienerziehung<br />
Erwachsenen korrespondiert. Wenn diese mit <strong>der</strong> Freude <strong>der</strong> Eltern an<br />
<strong>der</strong> wachsenden Autonomie <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zusammenfällt <strong>und</strong> die Eltern<br />
immer wie<strong>der</strong> auch Phasen illusionärer o<strong>der</strong> überschießen<strong>der</strong> Unabhängigkeit<br />
aushalten können, dann kann die erzwungene Anerkennung<br />
<strong>der</strong> elterlichen Unverfügbarkeit e<strong>in</strong>e realistische Autonomie-<br />
Entwicklung för<strong>der</strong>n.<br />
Allen Beispielen geme<strong>in</strong>sam war, dass die Eltern k<strong>in</strong>dliche Verhaltensweisen<br />
bzw. Ansprüche begrenzt haben: die sadistischen Impulse von Klaus,<br />
das (Weiter-)Toben von Hannes, die Ansprüche des Mädchens auf Verfügungsmacht<br />
über die Zeit se<strong>in</strong>er Eltern, das Verwahrlosungsverhalten<br />
von Bodo gegenüber se<strong>in</strong>em Zimmer <strong>und</strong> die wachsende Respektlosigkeit<br />
gegenüber se<strong>in</strong>er Mutter. Bezogen auf das Begrenzen, stellt die Anwendung<br />
von <strong>Zwang</strong> nur e<strong>in</strong>e unter vielen möglichen Formen dar, freilich<br />
e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende, auf <strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage sich die an<strong>der</strong>en Formen entwickeln<br />
o<strong>der</strong> die sie zum<strong>in</strong>dest aus <strong>der</strong> Ferne begleitet.<br />
Generell betrachtet, setzen Kontrollansprüche von Eltern gegenüber<br />
ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en auf Selbst-Begrenzung <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite auf Fremd-Begrenzung. Dazwischen gibt es zahlreiche Abstufungen<br />
<strong>und</strong> Übergänge: Eltern können ihr K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em liebevollen Tonfall bitten,<br />
e<strong>in</strong> <strong>für</strong> sie unangenehmes o<strong>der</strong> <strong>für</strong> das K<strong>in</strong>d schädliches Verhalten zu<br />
unterlassen. Sie können an se<strong>in</strong>e Vernunft appellieren o<strong>der</strong> ihm e<strong>in</strong>e Belohnung<br />
<strong>in</strong> Aussicht stellen, wenn es sich selbst begrenzen kann. Sie können<br />
es laut <strong>und</strong> deutlich auffor<strong>der</strong>n, es nicht mehr zu tun o<strong>der</strong> ihm ihren<br />
wachsenden Ärger demonstrieren. Sie können Konsequenzen o<strong>der</strong> Strafen<br />
<strong>für</strong> den Fall ankündigen, dass das K<strong>in</strong>d nicht auf ihre For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>geht.<br />
Diese Konsequenzen können e<strong>in</strong>en gewissen Druck erzeugen o<strong>der</strong> existenzielle<br />
Ängste ansprechen, womit wir beim <strong>Zwang</strong> angekommen s<strong>in</strong>d.<br />
Alle diese Formen dienen dem Begrenzen, wobei unklar ist, ob die elterlichen<br />
Ansprüche s<strong>in</strong>nvoll <strong>und</strong> k<strong>in</strong>dgerecht s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> nicht. Zur Diskussion<br />
stehen also jeweils Inhalte von For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Formen <strong>der</strong> Durchsetzung<br />
<strong>der</strong>selben. <strong>Zwang</strong> stellt e<strong>in</strong>e extreme Form <strong>der</strong> Durchsetzung elterlicher<br />
Begrenzung dar (siehe Abb. 2).<br />
Die von uns vorgestellten Eltern haben angemessene Formen <strong>der</strong><br />
Durchsetzung <strong>und</strong> Grenzsetzung praktiziert, die noch dazu vernünftigen<br />
Zwecken dienten. Gleichzeitig haben wir aber auch gesehen, dass <strong>Zwang</strong><br />
auf Gr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Potentiale rasch <strong>in</strong> Gewalt <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> psychischen<br />
Terror umschlagen kann: K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die sich <strong>der</strong> Gewalt fügen müssen, werden<br />
dabei Schaden nehmen, die langfristig mehr Erziehungsprobleme aufwerfen<br />
als <strong>der</strong> kurzfristige Erfolg <strong>der</strong> Verhaltensanpassung. Aber auch<br />
wenn das K<strong>in</strong>d nicht traumatisiert wird, besteht die Gefahr, dass die Erfahrung<br />
von <strong>Zwang</strong> zwar zum E<strong>in</strong>lenken des K<strong>in</strong>des führt, aber deswegen<br />
noch lange nicht zu e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>stellung o<strong>der</strong> Haltung.<br />
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