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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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<strong>Zwang</strong> im Rahmen von Hilfeprozessen<br />

grenzten, aber regelmäßigen Betreuung erreicht wird. Wenn diese gut verläuft,<br />

bleibt häufig auch im Anschluss an e<strong>in</strong>en angeordneten Kurs <strong>der</strong><br />

Kontakt erhalten: Die Jugendlichen wenden sich auch weiter an ihre Betreuer,<br />

wenn sie <strong>in</strong> Nöte geraten, o<strong>der</strong> nehmen weiter freiwillig an <strong>der</strong>en<br />

Angeboten teil.<br />

Dasselbe gilt <strong>für</strong> die unter <strong>Zwang</strong> begonnenen Familienberatungsprozesse,<br />

wie sie von Kim-Berg geschil<strong>der</strong>t werden (Kim-Berg 1992, 65ff;<br />

Pleyer 1996): Mit dem Motto „Wie können wir Ihnen helfen, damit Sie uns<br />

recht bald wie<strong>der</strong> los werden?“ wird die unangenehme <strong>Zwang</strong>ssituation e<strong>in</strong>erseits<br />

offen thematisiert, an<strong>der</strong>erseits aber auch e<strong>in</strong> Ausweg aus ihr aufgezeigt.<br />

„Wir nehmen Ihren Wunsch ernst, ohne Hilfe bzw. Helfer leben<br />

zu wollen. Wir ziehen uns selbst wie<strong>der</strong> gerne zurück. Lassen Sie uns geme<strong>in</strong>sam<br />

da<strong>für</strong> sorgen, dass dies rasch geschieht. Da<strong>für</strong> müssen wir die<br />

Gründe herausf<strong>in</strong>den, die an<strong>der</strong>e veranlasst haben uns auf den Plan zu rufen.<br />

Für diese Gründe können wir Lösungen entwickeln, die Sie <strong>und</strong> uns<br />

befriedigen!“ Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage kann e<strong>in</strong> Arbeitsbündnis zustande<br />

kommen. Von den Inhalten <strong>und</strong> den beobachtbaren Kommunikationsformen<br />

her s<strong>in</strong>d viele dieser <strong>Zwang</strong>sberatungen über weite Strecken nicht von<br />

denen zu unterscheiden, die unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung von freiwillig zustande<br />

gekommenen Kontrakten e<strong>in</strong>gegangen wurden.<br />

<strong>Zwang</strong>skontext heißt also: Personen werden zur Hilfe gezwungen,<br />

nicht – jedenfalls nicht notwendigerweise – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hilfe. Dennoch überschattet<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>itiale <strong>Zwang</strong> den gesamten Hilfeprozess. Und zwar <strong>in</strong> zweierlei<br />

H<strong>in</strong>sicht: Zunächst vom subjektiven Erleben her. Auch wenn <strong>der</strong> zur<br />

Hilfe Zw<strong>in</strong>gende nicht <strong>der</strong> direkt mit den Klienten beschäftigte Sozialpädagoge<br />

selbst war, son<strong>der</strong>n das Familiengericht o<strong>der</strong> das Jugendamt,<br />

fällt etwas von dem Unwillen des Klienten gegenüber diesen Personen<br />

bzw. Ämtern auf ihn zurück. Der Helfer ist dem Klienten zugewiesen<br />

worden. Er er<strong>in</strong>nert e<strong>in</strong>en immer wie<strong>der</strong> an die Drohung, die mit <strong>der</strong> Verweigerung<br />

von Hilfe verb<strong>und</strong>en war <strong>und</strong> somit auch an die Erfahrung <strong>der</strong><br />

eigenen Ohnmacht gegenüber <strong>der</strong> zw<strong>in</strong>genden Macht des Gerichtes. Man<br />

konnte sich <strong>der</strong> Hilfe nicht entziehen. E<strong>in</strong>e eigene Motivation da<strong>für</strong> hat<br />

man allerd<strong>in</strong>gs nicht. An<strong>der</strong>e haben ihre Def<strong>in</strong>ition von <strong>der</strong> Hilfsbedürftigkeit<br />

des Klienten durchgesetzt. Die Hilfe frisst aber se<strong>in</strong>e Zeit <strong>und</strong><br />

Energie, die er gerne <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Aktivitäten <strong>in</strong>vestiert hätte. Zudem weiß<br />

<strong>der</strong> Klient, dass <strong>der</strong> Helfer mit <strong>der</strong> hilfeverfügenden Stelle <strong>in</strong> Kontakt steht<br />

<strong>und</strong> über ihn berichtet. Man muss sich also gründlich überlegen, was man<br />

dem Helfer erzählt o<strong>der</strong> besser <strong>für</strong> sich behält. Die Startchancen <strong>für</strong> diese<br />

Form <strong>der</strong> Hilfe s<strong>in</strong>d demnach alles an<strong>der</strong>e als gut <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> den normalen<br />

Durststrecken jedes Hilfeprozesses werden diese Klienten ihre ambivalenten<br />

o<strong>der</strong> negativen Gefühle immer wie<strong>der</strong> auf den <strong>Zwang</strong>skontext<br />

beziehen. Möglicherweise bewirkt <strong>der</strong> <strong>Zwang</strong> auch e<strong>in</strong>e Verstärkung <strong>der</strong><br />

negativen Gefühle.<br />

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