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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe <strong>und</strong> David Vust<br />

1. Jemand (Person, System), <strong>der</strong> darüber e<strong>in</strong>e formale o<strong>der</strong> <strong>in</strong>formelle<br />

Entscheidungsmacht besitzt, muss dr<strong>in</strong>gend wollen, dass das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>s<br />

Heim geht.<br />

2. Das K<strong>in</strong>d hat deutlich gemacht, dass es nicht <strong>in</strong>s Heim will (verbal o<strong>der</strong><br />

non-verbal).<br />

3. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> oben geschil<strong>der</strong>ten Konsequenzen wird angedroht o<strong>der</strong><br />

kommt zum E<strong>in</strong>satz <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> das K<strong>in</strong>d/<strong>der</strong> Jugendliche fühlt diese unausweichlich<br />

auf sich zu kommen. Der junge Mensch sieht sich dabei<br />

existenziell so sehr bedroht, dass er sich fügt, sich aber gezwungen<br />

fühlt.<br />

Über diese Punkte, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Punkt 3, geben die Jugendlichen fremden<br />

Forschern nicht ohne Weiteres Auskunft, was es methodisch nicht e<strong>in</strong>fach<br />

macht, zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung zu kommen, ob <strong>Zwang</strong> im def<strong>in</strong>ierten S<strong>in</strong>ne<br />

vorliegt (siehe Tab. 2). Auffällig war, dass Jugendämter <strong>und</strong> aufnehmende<br />

Heime die Frage nach dem Grad <strong>der</strong> Unfreiwilligkeit bzw. e<strong>in</strong>er eigener<br />

Motivation o<strong>der</strong> das Vorliegen von <strong>Zwang</strong> bei <strong>der</strong> Aufnahme eher wenig<br />

systematisch reflektierten <strong>und</strong> selbst schwer e<strong>in</strong>schätzen konnten. Unser<br />

empirisches Fazit lautet: Bei den von uns untersuchten Heimunterbr<strong>in</strong>gungen<br />

hat Liebesentzug als <strong>Zwang</strong>sform kaum e<strong>in</strong>e Rolle gespielt, we<strong>der</strong><br />

bei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n noch bei den Jugendlichen. Bei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gruppe<br />

Wellenbrecher fiel auf, dass sie sich e<strong>in</strong>en größeren E<strong>in</strong>fluss auf die Entscheidung<br />

ausmalten, als dieser von Eltern <strong>und</strong> Mitarbeitern e<strong>in</strong>geschätzt<br />

wurde. Viele Eltern <strong>der</strong> Jugendlichen von Step by Step waren, bezogen auf<br />

die Heimunterbr<strong>in</strong>gung, ambivalent <strong>und</strong> häufig unwillig o<strong>der</strong> auch unfähig,<br />

dazu e<strong>in</strong>e klare Stellung zu beziehen. Die Angst, ohne weitere Jugendhilfe<br />

<strong>und</strong> zugleich auch ohne Versorgung auf <strong>der</strong> Straße zu stehen,<br />

wurde von e<strong>in</strong>igen Jugendlichen als ernste existenzielle Bedrohung erlebt<br />

(3 von 21). Allerd<strong>in</strong>gs nicht bei allen; e<strong>in</strong>ige fühlten sich durchaus fähig<br />

o<strong>der</strong> sogar dazu geneigt, ihr Überleben auf <strong>der</strong> Straße auszuprobieren (5<br />

von 21).<br />

Tab. 2: Bandbreite <strong>der</strong> (Un-)Freiwilligkeitsgrade<br />

unklar <strong>Zwang</strong> unfreiwillig, eigene Gesamt<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Zwang</strong> Motivation<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> 3 1 2 6 12<br />

Jugendliche 7 3 6 5 21

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