Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...
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Mathias Schwabe <strong>und</strong> Thomas Evers<br />
y „Weiß nicht, me<strong>in</strong>e Mutter kennt es aber.“ (Rudi, 2. Befragung „Wellenbrecher“,<br />
2006)<br />
y „Weiß nicht – hab’ ich sie nicht zu gefragt.“ (Ingo, 24, 3. Befragung,<br />
2006)<br />
y „Me<strong>in</strong>em Vater ist das scheißegal, me<strong>in</strong>e Mutter hab ich nicht gefragt,<br />
aber sie wissen davon.“ (Lean<strong>der</strong>, 2. Befragung „Wellenbrecher“, 2006)<br />
Von den Pädagogen wissen wir, dass das Thema <strong>Zwang</strong>selemente auf<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> ersten Befragung <strong>in</strong> allen Familiengesprächen zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>mal<br />
Thema gewesen ist. Freilich wissen wir nicht, <strong>in</strong> welcher Intensität<br />
bzw. kommunikativen Qualität darüber gesprochen wurde. Wie kommt es<br />
zu diesem Missverhältnis zwischen <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
dem, was Eltern <strong>und</strong> Pädagogen berichten?<br />
<strong>Zwang</strong>selemente sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong> heikles Thema zwischen Eltern <strong>und</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu se<strong>in</strong>. We<strong>der</strong> haben die Eltern e<strong>in</strong> Interesse daran, sich ihren<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n gegenüber als diejenigen darzustellen, welche die <strong>Zwang</strong>selementen<br />
<strong>in</strong> Auftrag gegeben haben. Auch wenn sie um die <strong>Zwang</strong>selemente<br />
wissen <strong>und</strong> sie gegenüber den Pädagogen ausdrücklich billigen, so sehen<br />
sie sich doch nicht als diejenigen, die das Heim zur Anwendung <strong>der</strong>selben<br />
ermächtigen müssen, da diese bereits im Konzept verankert s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> damit<br />
quasi automatisch zur Anwendung kommen. Genauso wenig haben<br />
die K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong> Interesse daran, sich ihre Eltern als die unmittelbar <strong>für</strong><br />
<strong>Zwang</strong> Verantwortlichen vorzustellen. Oftmals haben sie die Entscheidung<br />
<strong>der</strong> Eltern, sie <strong>in</strong>s Heim zu „schicken“, schon als hart genug erlebt.<br />
Da sie sich e<strong>in</strong> positives Elternbild bewahren wollen, ist es <strong>für</strong> sie besser,<br />
dass die <strong>Zwang</strong>selemente <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie von den Pädagogen gewollt werden.<br />
Dies bestätigt folgende Aussage von Karl aus <strong>der</strong> Jugendlichengruppe<br />
Step by Step:<br />
„Ke<strong>in</strong>e Ahnung was die damit wollen. Irgendwie macht das halt es so e<strong>in</strong>facher,<br />
<strong>für</strong> die D<strong>in</strong>gs, die Betreuer, deswegen, damit die uns besser kontrollieren<br />
können, deswegen wollen die das.“ (Karl, mündliche Äußerung<br />
während e<strong>in</strong>es Besuches <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Zimmer, 5.4.2005)<br />
E<strong>in</strong>e solche <strong>in</strong>nere Haltung sche<strong>in</strong>t sich auch durch das offene Thematisieren<br />
<strong>in</strong> den Familiengesprächen nicht ohne weiteres verän<strong>der</strong>n zu lassen.<br />
Offensichtlich gibt es e<strong>in</strong>e Art Pakt zwischen Eltern <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, <strong>der</strong><br />
nicht ohne weiteres aufzulösen ist. O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s: Die Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung<br />
sche<strong>in</strong>t beiden Partnern sowieso schon gefährdet zu se<strong>in</strong>, so dass<br />
man sie nicht weiter belasten kann <strong>und</strong> will. In bilateralen Gesprächen<br />
zwischen Eltern <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>n – <strong>und</strong> diese dürften e<strong>in</strong>e verlässlichere Quelle<br />
<strong>für</strong> die Wahrnehmung von Haltungen se<strong>in</strong> als die Familiengespräche <strong>in</strong><br />
Gegenwart <strong>der</strong> Pädagogen – sche<strong>in</strong>en die <strong>Zwang</strong>selemente deswegen entwe<strong>der</strong><br />
ke<strong>in</strong> Thema zu se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> als e<strong>in</strong>e Sache des Heimes dargestellt zu