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Zwang in der Heimerziehung? - INIB - Institut für Innovation und ...

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Mathias Schwabe <strong>und</strong> Thomas Evers<br />

schätzungen, wenn sie von Externen befragt werden. Die meisten fühlen<br />

sich aufgewertet, wenn man sich <strong>für</strong> ihre Me<strong>in</strong>ung <strong>in</strong>teressiert, e<strong>in</strong>en<br />

Term<strong>in</strong> mit ihnen abstimmt <strong>und</strong> ihre Äußerungen mit e<strong>in</strong>em Aufnahmegerät<br />

festhält. Etliche wünschen sich ausdrücklich, dass ihre Ansichten,<br />

Beschwerden o<strong>der</strong> Verbesserungsvorschläge von den Forschern an die<br />

Verantwortlichen weiter transportiert werden. Damit s<strong>in</strong>d Hoffnungen<br />

verb<strong>und</strong>en, so dass es auch zu Enttäuschungen kommen kann, wenn die<br />

Befragung <strong>für</strong> die Jugendlichen zu ke<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung führt. Nur <strong>für</strong> wenige<br />

stellt das Interview von Anfang an e<strong>in</strong>e lästige o<strong>der</strong> verunsichernde<br />

Angelegenheit dar. Anonymisierungsfragen s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> die Befragten oftmals<br />

zweitrangig. Etliche Jugendliche sagten uns etwa: „Was ich Euch sage,<br />

sage ich jedem <strong>in</strong>s Gesicht, ich habe damit ke<strong>in</strong>e Probleme.“ Trotzdem ist<br />

es nach unserer Beobachtung von großer Bedeutung, wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> beforschten<br />

<strong>Institut</strong>ion bereits mit <strong>der</strong> Ankündigung <strong>der</strong> Befragung <strong>und</strong> nach Bekanntgabe<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse mit den Informationen umgegangen wird, welche<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong> gegeben haben. Versteckte o<strong>der</strong> offene Ansagen von Seiten<br />

<strong>der</strong> Pädagogen, <strong>in</strong> denen sie den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu verstehen geben, dass diese<br />

sich über das Heim positiv zu äußern hätten, lösen Irritationen aus, selbst<br />

wenn sie nur scherzhaft geme<strong>in</strong>t waren. Ebenso reagieren die Jugendlichen<br />

sehr sensibel auf noch so subtile Vorwürfe, sie hätten bei bestimmten<br />

Schil<strong>der</strong>ungen übertrieben, e<strong>in</strong>seitig dargestellt o<strong>der</strong> die Unwahrheit erzählt.<br />

E<strong>in</strong> solcher E<strong>in</strong>druck kann sich jedoch immer wie<strong>der</strong> bei den Pädagogen<br />

e<strong>in</strong>stellen, wenn sie mit den Befragungsergebnissen konfrontiert<br />

werden. Manchmal s<strong>in</strong>d sie sehr erleichtert darüber, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Jugendlichen mit ihnen <strong>und</strong> ihrem Handeln gr<strong>und</strong>sätzlich e<strong>in</strong>verstanden<br />

s<strong>in</strong>d. So wird deutlich, dass auch die Pädagogen <strong>in</strong> solchen Intensivgruppen<br />

auf S<strong>in</strong>nstiftung durch die Jugendlichen angewiesen s<strong>in</strong>d (Wolf 1999,<br />

187f). Manchmal müssen sie allerd<strong>in</strong>gs auch zur Kenntnis nehmen, dass die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen bestimmte Ereignisse, Rout<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> Sett<strong>in</strong>gelemente<br />

negativer <strong>und</strong> e<strong>in</strong>schränken<strong>der</strong> erleben o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>schätzen als die<br />

Erwachsenen. Nicht selten stellt sich bei den Pädagogen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>,<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen würden die externen Interviewer dazu benutzen,<br />

ihr Handeln o<strong>der</strong> das Konzept anzuschwärzen. Sie wehren sich zu<br />

Recht dagegen, dass den Aussagen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen e<strong>in</strong>e dokumentarische<br />

Bedeutung zugestanden wird <strong>und</strong> berufen sich darauf, dass<br />

<strong>der</strong>en Wahrnehmungen doch häufig von subjektiven Interessen bestimmt<br />

<strong>und</strong> verzerrt seien. Das ist zweifellos richtig: Auch Er<strong>in</strong>nerungen stellen<br />

Ergebnisse von komplexen Konstruktions- <strong>und</strong> Bearbeitungsprozessen<br />

dar (Förster 1987, 25ff, 77ff). Leitungspersonen dürfen sich bei <strong>der</strong> Bewertung<br />

<strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Pädagogen nicht alle<strong>in</strong>e auf die Aussagen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendlichen stützen. An<strong>der</strong>nfalls würden die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

zu Richtern gemacht <strong>und</strong> die Forscher dazu benutzt, <strong>der</strong>en

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