Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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Zu dieser notwendigen Abraupung wird ihnen für dieses<br />
Jahr der lste April zum termino a quo (= bis zu welchem<br />
Zeitpunkt die Maßnahme durchzuführen ist) bestimmt,<br />
für die Zukunft aber muß sie schon vor dem<br />
1. März geschehen, und diejenigen, welche sich hierunter<br />
saumselig finden lassen sollten, sind nicht allein in<br />
eine Strafe von sechs Gulden zu nehmen, wovon dem<br />
Denunziant 1/3 zuzuweisen ist, sondern es soll auch das<br />
Abraupen von dem Ortsvorstand auf Kosten der Nachlässigen<br />
veranlaßt werden . .<br />
Die Frage der Bekämpfung des Ungeziefers hatte also<br />
existentielle Bedeutung, wenn man bedenkt, daß der<br />
Denunziant mit 1/3 des Strafgeldes des ertappten Nichtstuers<br />
belohnt wurde.<br />
Ähnliche Verordnungen betrafen immer wieder die<br />
Sperlinge und die Mäuse. Jeder Ortsbürger war aufgefordert,<br />
eine bestimmte Zahl „von Köpfen“ abzuliefern<br />
(„In allen Gegenden und Orten, wo die Vermehrung der<br />
Sperlinge auf den Feldbau und dessen Erzeugnisse nachteilig<br />
wirkt, werden . _ . die einsehlagenden oberen Polizei-Beamten<br />
angewiesen und ermächtigt, jedem Einwohner<br />
anzubefehlen. zu bestimmten Fristen eine nach<br />
der Größe des Übels. . _ zu ermessende Quantität Sperlings-Köpfe<br />
zu liefern oder fürjeden fehlenden Kopfeine<br />
Geldabgabe zu bezahlen“ - s. Verordnungsblatt des Herzogtums<br />
Nassau, Jg. 1812).<br />
Doch noch anderes machte den Menschen Sorgen,<br />
weswegen die Obrigkeit reagieren mußte. Eine Verordnung<br />
aus dem Jahre 1816 lautet:<br />
„Nach höchster Genehmigung ist das Schußgeld von<br />
einem erlegten männlichen so wie von einem jungen<br />
Wolf auf 15 und von einer ausgewachsenen Wölfin auf 22<br />
Gulden erhöht worden. . (Archiv der Stadt <strong>Reichelsheim</strong>,<br />
VO-Blatt des Herzogtums Nassau, Jg. 1816).<br />
Die Zeit Napoleons ging zu Ende, nachdem er den<br />
Krieg gegen die unendlichen Weiten Rußlands und den<br />
wachsenden Widerstand der anderen Völker verloren<br />
hatte. Die fürchterlichen Verluste bei den deutschen<br />
Hilfstruppen, das Nichtendenwollen des Blutvergießens<br />
führten schließlich bei den Menschen in den Städten und<br />
Dörfern, aber auch bei denen in den Palästen zu einem<br />
Bewußtseinswandel. Ausgehend von Preußen begann<br />
der Wille „zur Befreiung“. Diese wurde eingeleitet durch<br />
die erfolgreiche „Völkerschlacht bei Leipzig“ (16. bis 19.<br />
Oktober 1813). Die Untertanen Nassaus mußten zwar<br />
noch auf Seiten Napoleons gegen die Preußen und Österreicher<br />
und deren Verbündeten (Bayern, Sachsen, Russen,<br />
Schweden usw.) kämpfen, weil ihr Herzog noch<br />
nicht bereit war, die Fronten zu wechseln. Doch die Niederlage<br />
Napoleons bedeutete die Wende: Am 23. ll.<br />
1813, kurz vor Eintreffen des siegreichen preußischen<br />
Heeres im Rhein-Main-Gebiet sagte sich der Herzog<br />
vom Rheinbund los und wandte sich den verbündeten<br />
deutschen Fürsten zu.<br />
Das lange Festhalten am Bündnis mit Napoleon hätte<br />
fast dazu geführt, daß das Herzogtum Nassau aufgelöst<br />
und die Ländereien Preußen zugeschlagen worden wären.<br />
Nur der alte, nun - nach dem Sieg über Napoleon -<br />
wieder aufkeimende Dualismus zwischen Österreich und<br />
Preußen um die Vorherrschaft im ehemaligen „Heiligen<br />
Römischen Reich Deutscher Nation“ rettete vorerst<br />
noch einmal das Bestehen dieses alten Herrscherhauses.<br />
Somit kam es auch nicht, wie bereits geplant, dazu, daß<br />
„Verordnungen und Bekanntmachungen<br />
Herzoglichen Staats-Ministeriums<br />
und der demselben unmittelbar<br />
subordinierten Behörden.<br />
(Die Abraupung der Bäume,<br />
Hecken und Gesträuche betr.) “<br />
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