Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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Märkte hatten die <strong>Reichelsheim</strong>er Ortsbürger und<br />
ihre Angehörigen sowie Bediensteten, das Gesinde,<br />
schon vor diesem wichtigen Jahr, als ihnen Kaiser Leopold<br />
das Recht zusprach, in jedem Jahr 3 Märkte abzuhalten,<br />
erlebt.<br />
Märkte, das waren die „Kaufhäuser der früheren<br />
Zeit“, vor allem die Jahrmärkte, denn hier konnte man<br />
sich mit nahezu allen Dingen des täglichen Lebens versorgen,<br />
die das örtliche Gewerbe nicht oder nicht so billig<br />
oder nicht in der gewünschten Art anzubieten in der Lage<br />
war.<br />
Die Grafen von Nassau, die seit Anfang des 15. Jahrhunderts<br />
das Herrschaftsrecht über unseren Ort hatten<br />
(eine Hälfte besaßen sie durch Tausch, die andere Hälfte<br />
hatten sie seit 1423 vom Abt von Fulda als „Erblehen“ erworben),<br />
hatten <strong>Reichelsheim</strong> in jener Zeit recht gut gefördert,<br />
wie in dem Kapitel „Mittelalter“ beschrieben<br />
wurde. Sie schufen durch die Errichtung der Landwehr<br />
rund um das Gemarkungsgebiet (um 1380), den Bau der<br />
mit Wehrtürmen gesicherten Mauer rund um den Ort<br />
(gegen 1420), den Bau der Kirche (1485), die Einrichtung<br />
eines eigenen Schöffengerichtes und den Bau eines<br />
Rathauses (1570), das im Erdgeschoßbereich Markthallenform<br />
erhielt, jene Voraussetzungen, die notwendig<br />
waren, um die Stadtrechte für einen „Flecken“ erlangen,<br />
um vor allem aber den Ort zu dem Sitz von jährlich wiederkehrenden<br />
Märkten, den Jahr-Märkten, erheben zu<br />
können.<br />
<strong>Reichelsheim</strong> hatte nachweislich seit 1494 einen<br />
Markt, allerdings nur einen Wochenmarkt. In einem<br />
„Extraktus (Auszug) eines alten Documenti, den Flekken<br />
<strong>Reichelsheim</strong> belangend de ao. 1.494“ (= aus dem<br />
Jahre 1494) heißt es (leicht sprachlich verändert und gekürzt):<br />
„Wir wollen auch, daß am Dienstag jeglicher Woche<br />
ein freier offener Markt abgehalten werden soll. .. Wir<br />
wollen auch, daß in eben diesem genannten Dorf-Flekken<br />
die Friedberger trockenen Maß, dessen Elle, Münze<br />
und Gewicht gelten soll.“<br />
Damit hatte <strong>Reichelsheim</strong> also jeden Dienstag einen<br />
genehmigten Wochenmarkt, einen „freien offenen<br />
Markt“. Da <strong>Reichelsheim</strong> eine Nassauische Exklave<br />
war, wurden die Hohl-, Längen- und Gewichtsmaße sowie<br />
die Münzwertigkeit der nahe gelegenen „Freien<br />
Reichsstadt Friedberg“ vorgeschrieben. Somit hoffte<br />
man wohl, bei den Kauf- bzw. Verkaufslustigen der<br />
Nachbarorte mehr Interesse und zugleich Vertrauen<br />
wecken zu können.<br />
Mit dem offiziell genehmigten „freien offenen Markt“<br />
hatte <strong>Reichelsheim</strong> mit manch anderem größeren Ort<br />
der Region an Bedeutung gleichgezogen. Doch es sollte<br />
mehr werden nach Meinung der <strong>Reichelsheim</strong>er und ihrer<br />
Herren, der Grafen von Nassau. Aber wegen der<br />
„großen Politik“, die die Welt und auch das kleine <strong>Reichelsheim</strong><br />
im 16. und 17. Jahrhundert in Atem hielt und<br />
die in der Reformation, den Religionskriegen und dem<br />
Dreißigjährigen Krieg ihren Ausdruck fanden, wurde<br />
daraus vorerst - soweit die noch vorhandenen Akten etwas<br />
aussagen - nichts.<br />
Nachdem das Wüten und Morden des langen Krieges<br />
jedoch vorbei war, nachdem gut 11/2 Jahrzehnte später<br />
andererseits die Flammen erneut Unglück über diesen<br />
Ort inmitten der Wetterau gebracht hatten, erinnerten<br />
sich die Verantwortlichen derjungen Stadt <strong>Reichelsheim</strong><br />
Die Herkunftsorte der gewerblichen<br />
und handelstreibenden Besucher<br />
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