Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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1. c) Von den Römern zu den Franken<br />
Woher die Bezeichnung „Römerberg“ in <strong>Reichelsheim</strong><br />
kommt, darüber gibt es verschiedene Geschichten<br />
bzw. Deutungen. Manch einer bringt es gerne mit der<br />
Tatsache zusammen, daß auf der Erhebung des Römerberges<br />
das Rathaus steht, in welchem verwaltet, in welchem<br />
in gewissem Umfang Orts- und Marktrecht beschlossen<br />
und gesprochen wurde. Den Namen hätten die<br />
<strong>Reichelsheim</strong>er von dem Rathaus im 40 Kilometer entfernten<br />
Frankfurtam Main, genannt der „Römer“, übernommen.<br />
Das mag sein, wenn auch die Frankfurter<br />
selbst - aber auch <strong>Reichelsheim</strong>er - solche eine Möglichkeit<br />
ausschließen. Wenn sie zuträfe, so fragen sich<br />
viele, warum haben andere Orte aus dem Rhein-Main-<br />
Gebiet ihr Rathaus nicht auch „Römer“ genannt?<br />
Schön wäre es natürlich, wir könnten die Bezeichnung<br />
für diese höchste Erhebung innerhalb des Altortes <strong>Reichelsheim</strong>,<br />
von der man aus, denkt man sich alle Häuser<br />
weg, die Horloffaue weit überblicken kann, mit historischen<br />
Funden belegen, also mit Zeugnissen aus der römischen<br />
Herrschaftszeit. Militärs, so weiß man allgemein,<br />
suchen sich für Sieherungsposten gerne vergleichbare<br />
geologische Erhebungen (s. auch auf` der anderen Seite<br />
der Horloffaue den Luh- oder Lochbcrg).<br />
Wenn man zudem bedenkt, daß die Echzeller Kirche<br />
direkt auf römischen Bauten erstellt wurde und die Häuser<br />
der Römer wohl als „Steinbruch“ für das christliche<br />
Gotteshaus genutzt wurden - warum sollte Vergleichbares<br />
nicht auch bei unserem Siedlungsflecken Fakt gewesen<br />
sein. . '?<br />
Zwar wird auf der Höhe des Römerberges eher eine<br />
„VILLA RUSTICA“ gelegen sein als eine militärische<br />
Wachanlage. „Für den Bau einer Hofanlage bevorzugten<br />
die Römer die Hanglage an einer sonnigen Talseite,<br />
möglichst über einem Wasserlauf gelegen. Zusätzliche<br />
Brunnen stellten die Wasserversorgung sicher. Damit<br />
stand eine höher gelegene trockene Zone für den Ackerbau<br />
und eine feuchte Talzone für Weideland zur Verfügung.<br />
_ _ Die meisten Siedlungsplätze lagen nach aktueller<br />
Kartierung an einem Osthang.“ So schreibt Vera<br />
Rupp, die Archäologin des Wetteraukreises, in ihrem<br />
jüngst erschienenen Aufsatz: „Römische Landwirtschaft<br />
in der Wetterau“ („Wcttcrauer Geschichtsblätter“,<br />
Bd.4(), 1991, S.25l). Frau Dr. Rupp beschreibt dabei<br />
zwar nicht den Sicdlungsstandort <strong>Reichelsheim</strong> zur Zeit<br />
der Besetzung der Wetterau durch die römischen Legionen<br />
- aber alles scheint darauf zu passen: Der Römerberg<br />
hat Osthanglage, an seinem Fuß fließt die Horloff<br />
1.<br />
durch ein fruchtbares Weideland; wasserreiche Brunnen<br />
gab es in frühere Zeit auch, und höher gelegene, also<br />
„trockene“ Ackerflächen waren genügend vorhanden.<br />
Doch konkrete Funde haben wir nieht. Was wir haben,<br />
ist eine Bemerkung des Schriftstellers Georg Schäfer,<br />
der in seinem 1898 verfaßten Heimatroman „Der wilden<br />
Frauen Gestühl“ schrieb:<br />
„Unmittelbar hinter der <strong>Reichelsheim</strong>er Kirche zieht<br />
sich ein Häuserkomplex hinab, der den Namen Römerberg<br />
führt. Wenn die Einwohner dort einen Keller graben,<br />
einen Brunnen ausschachten oder ein Fundament<br />
ausheben, fördern sie kostbare goldene Armringe, Nadeln<br />
mit Edelsteinen besetzt, Goldmünzen und seltene<br />
Urnen, alles von unschätzbarem Werthe zu Tage.“ G.<br />
Schäfer machte in einer Fußnote (s. S. 2()()f.) den gezielten<br />
Hinweis: „Historisch“, um die Aussage über das<br />
Beschriebene wirklich glaubhaft erscheinen zu lassen.<br />
Wie dem auch sei: <strong>Reichelsheim</strong>s Gemarkungsgebiet<br />
lag seit der Zeitenwende für über 250 Jahre in unmittelbarem<br />
Grenzgebiet des römischen Imperiums zu den<br />
Siedlungsgebieten verschiedener germanischer Stämme.<br />
Aus der Chronik von Echzell („l2()0 Jahre Echzell“)<br />
wissen wir, daß das dortige Kastell, das ca l()()(l Mann be-<br />
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