Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt
Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992
Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992
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einen Mähdrescher“ - „Die Landwirtschaft wird immer<br />
mehr technisiert“ - „Seit einiger Zeit gibt es Fernsehgeräte<br />
im Ort, 1957 sind schon ca. 50 Geräte im Gebrauch“.<br />
Neue Zeiten verlangen bekanntermaßen oft auch neue<br />
Symbole. Für <strong>Reichelsheim</strong> bedeutete dies einen Wechsel<br />
auf dem Kirchturm : der alte Turm- oder Wetterhahn,<br />
der über Jahrhunderte das Ortsgeschehen überblickt<br />
hatte, wurde durch einen neuen ersetzt- der alte kam ins<br />
Museum nach Friedberg!<br />
Der alte Turm- und Wetterhahn der <strong>Reichelsheim</strong>er<br />
Kirche, der bis 1958 die Geschicke des Ortes<br />
iiberwachte (Foto: H. Haag)<br />
Hierzu vielleicht eine kleine informative Anmerkung:<br />
ln früheren Zeiten wurde ein Kirchturm- und Wetterhahn,<br />
bevor er befestigt wurde, durch den ganzen Ort getragen.<br />
Allen Menschen, ob jung oder alt, wurde er gezeigt.<br />
Ein solcher Hahn galt nicht nur als „Wächter der<br />
Gemeinde“ (höchster Platz im Ort - damit beste Übersicht<br />
über denselben), nicht nur als „christlicher Bewahrer<br />
vor dem Bösen“ und als „Symbol der Buße“ (im Zusammenhang<br />
mit der Verleugnung des Petrus), seit dem<br />
Mittelalter gilt der Hahn als „Symbol des Predigers, der<br />
in der Finsternis der Sünde wacht“, sich stets gegen den<br />
Wind kehrend und die Sünder der Gemeinde erweckt.<br />
Der Hahn auf dem Dach bzw. auf dem Kirchturm soll<br />
dem Haus oder der Gemeinde allerdings auch Fruchtbarkeit<br />
schenken!<br />
Der neue Hahn wurde von einem einheimischen<br />
Schlossermeister (Karl Heß) hergestellt und am 28. Juni<br />
1958 auf die Turmspitze der Kirche gesetzt.<br />
Vielleicht war es dem alten Wettcrhahn auch ganz<br />
recht, abgelöst zu werden - vielleicht verstand er seine<br />
Welt, „seinen“ Ort <strong>Reichelsheim</strong>, auch gar nicht mehr:<br />
Überall wurde gebaut, ein regelrechter Bau-Boom war<br />
seit Mitte der 50er Jahre festzustellen, erst in der Bingenheimer<br />
und Weckesheimer Straße, dann aber nach Westen<br />
zu, wo ein ganz neues Wohngebiet „lm vorderen<br />
Bahngewann“ entstand! Neue Straßennamen tauchten<br />
auf, wie z. B. „Am Haingraben“, „Am Feuergraben“,<br />
„Sudetenstraße“, „Friedensstraße“, „Am Hans-Geis-<br />
Küppel“. Die Straßen waren beidseitig mit kleinen Einfamilienhäusern<br />
bebaut, errichtet meist von den Vertriebenen<br />
und Flüchtlingen, die hier wirklich ihre neue, ihre<br />
2. Heimat gefunden hatten.<br />
Für die, die nicht in der Lage waren, ein eigenes Häuschen<br />
zu errichten, baute die Gemeinde in den folgenden<br />
Jahren mehrere Mehrfamilienhäuser und trug damit dazu<br />
bei, daß die Wohnverhältnisse langsam aber sicher<br />
menschenwürdiger wurden.<br />
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