26.12.2018 Aufrufe

Heimatbuch Reichelsheim 1992 OCR verlinkt

Reichelsheim in der goldenen Wetterau Historische Betrachtungen von Hagen Behrens Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim Bearbeitung: Hagen Behrens Umschlaggestaltung: Jean Bourdin Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main Erschienen 1992

Reichelsheim in der goldenen Wetterau
Historische Betrachtungen von Hagen Behrens
Herausgeber: Magistrat der Stadt Reichelsheim
Bearbeitung: Hagen Behrens
Umschlaggestaltung: Jean Bourdin
Gesamtherstellung: Friedrich Bischoff Druckerei GmbH, Frankfurt/Main
Erschienen 1992

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Dreiviertel der Wählerschaft sprach sich in <strong>Reichelsheim</strong><br />

für die kaisertreue, autoritär-monarchistische<br />

DNVP bzw. die konservativ-monarchistische DVP aus.<br />

Nur jeder 10. Wähler stimmte für eine der Parteien, die<br />

Garanten der demokratischen Ordnung der Weimarer<br />

Republik waren.<br />

Dieser politische Rechtsruck wurde noch deutlicher in<br />

der Wahl zur „Hessischen Volkskammer“, also dem<br />

Hessischen Landtag, am 27. November 1921:<br />

Partei<br />

<strong>Reichelsheim</strong><br />

DNVP 10,44 %<br />

Hess. Bauernbund 57,18 %<br />

DVP 14,10 %<br />

Z 0,26 %<br />

SPD 16,16 %<br />

USPD -<br />

KPD 1,83 %<br />

Der hier als überragender Wahlgewinner aufgeführte<br />

„Hessische Bauernbund“ (seit 1927 „Hessischer Landbund“)<br />

hatte vor allem in unserem Oberhessen sein<br />

Machtzentrum. „Im Gegensatz zu anderen Gegenden<br />

Deutschlands trat diese berufsständische Organisation,<br />

deren Sitz Friedberg war und deren höhere Funktionäre<br />

größtenteils im Kreis Friedberg wohnten, im „Volksstaat<br />

Hessen“ (= ehemaliges Großherzogtum Hessen-Darmstadt)<br />

als Partei auf, die recht beachtliche Erfolge erringen<br />

konnte“ (s. „Hessen unterm Hakenkreuz“, S. 199).<br />

Der Bauernbund verstand sich als eine Interessenvertretung<br />

der in Oberhessen überwiegenden Klein- und<br />

Mittelbauern. Nahezu 80-90 % der evangelischen Bauern<br />

der Wetterau waren Mitglied des Verbandes.<br />

Der Hessische Bauernbund beeinflußte „über die verbandseigene<br />

›Neue Tageszeitung< ›durch hetzerische<br />

Attacken gegen die Landesregierung und die Koalitions-<br />

parteien (in Berlin) sowie durch die Verbreitung völkischer<br />

(= nationalistisch-rassistischer) Parolen< seine Anhänger<br />

in antirepublikanischer und antidemokratischer<br />

Weise und trauerte dem vergangenen Kaiserreich nach“<br />

(s. „Hessen unterm Hakenkreuz“, S. 210).<br />

Die Mitglieder der Reichsregierung wurden in der<br />

„Neuen Tageszeitung“ von Anfang der 20er Jahre an als<br />

„demokratisch-marxistisch-pazifistische Volksverräter“<br />

bezeichnet. Dr. Heinrich Leuchtgens, Leiter des Friedberger<br />

Lehrerseminars, der schon 1919 die Hessische<br />

Volkspartei als Gegengewicht zu der Arbeiterbewegung<br />

gegründet hatte und ab 1922 Fraktionsvorsitzender des<br />

Bauernbundes im Hessischen Landtag war, war einer der<br />

Wortführer. In einer seiner Schriften führte er aus, daß<br />

die schwache Stellung Deutschlands in Europa von den<br />

Regierungsparteien in Berlin durch ihre „internationale<br />

und pazifistische Einstellung, durch ihren unklaren Blick<br />

für die außenpolitischen Realitäten, durch ihre Nachgiebigkeit<br />

und winselnde Versöhnungsbereitschaft einem<br />

galligen, rachsüchtigen Frankreich gegenüber“ selbst<br />

verursacht sei. Leuchtgens forderte stattdessen: „Laßt<br />

uns den starken Staat schaffen! . _ .Laßt stahlharten Willen<br />

die Weichheit und Schlappheit des gegenwärtigen<br />

Regimes ablösenl“ (s. „Hessen unterm Hakenkreuz“,<br />

S. 212 f.). e<br />

Geprägt von diesen Ideen war <strong>Reichelsheim</strong>, waren<br />

seine Bewohner, wie nicht nur das oben angegebene<br />

Wahlergebnis oder die Bemerkungen der Pfarrer Vogel<br />

und Rühl (ab Ende 1922 hier tätig) im Kirehenbuch immer<br />

wieder zeigen. Die Aktivitäten des „Kriegervereins“,<br />

die zusätzlichen Gründungen eines „Frontkämpfer-Vereins“<br />

(1922) und einer Ortsgruppe „Stahlhelm,<br />

Bund der Frontsoldaten“ (1925) verweisen auf antirepublikanische<br />

und zugleich antidemokratische Anschauungen.<br />

Fahnen- oder Bannerweihen dieser Organisationen<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!